BILDUNG I China-Kompetenz in Deutschland – eine Diskussion

Dieses Jahr feiert das Institut für Ostasienwissenschaften (IN-EAST) an der Universität Duisburg-Essen sein 30jähriges Bestehen. Gefeiert wurde am 7. Juni – wie es sich für eine wissenschaftliche Institution gehört – mit einem Symposium, dem 28. Ostasientag. Am Ende der nachmittäglichen Veranstaltung gab es eine Podiumsdiskussion mit dem Thema „Die Asien-Pazifik-Region und die Rolle der universitären Forschung und Ausbildung “ Mit dabei Thomas Heberer (Senior Professor an der Uni Duisburg-Essen), Verena Blechinger-Talcott (Japanologie-Professorin und derzeit Vizepräsidentin der FU Berlin) sowie die beiden IN-EAST-Alumni Dirk Petzold (Manager bei MAN) und Nicole Bastian (Handelsblatt), die als Moderatorin fungierte. Sie fragte gleich zum Einstieg: „Haben wir genügend China-Experten?“ Die erwartbare Antwort war unisono: Nein. Thomas Heberer berichtet von einem deutlichen Rückgang der Sinologie-Studierenden an den deutschen Unis. In den 90er Jahren hätte man häufig den Rat gehört, mach was mit China, das hat Zukunft. Heute meidet man dagegen China, weil – so Heberer – vor allem in den Medien ein nicht der Realität entsprechendes Bild gezeichnet werde. Verena Blechinger-Talcott bringt den Begriff Soft Power in die Diskussion. Da hätten Japan und Korea mit Mangas, Comics, Pop-Kultur einiges zu bieten, China hingegen nicht. Deshalb hätten Japanologie und Koreanistik im Gegensatz zur Sinologie Zulauf. Was könnten denn die Unis tun, um mehr Sinologen zu begeistern? hakte Bastian nach. Heberer schlug vor, schon an den Schulen Interesse für China zu wecken. Er wies auf das Bildungsnetzwerk China hin: „Das muss man mehr propagieren.“ Manager Petzold grätschte von der Seite rein: „Das ist wie bei Sportvereinen. Auch da geht es nicht ohne Jugendarbeit.“ In der Fragerunde brachte Ex-MdB Johannes Pflug plötzlich den Berliner Thinktank Merics ins Spiel, der ja die China-Diskussion hierzulande stark beherrsche. Wie die Unis da mithalten könnten, wollte er wissen. Ja, es bedürfte in der Diskussion eine Ergänzung durch die Universitäten, sagte Heberer. Aber er sagte auch: „Merics hat eine PR-Abteilung, da können wir Universitäten nicht mithalten.“ Blechinger-Talcott sieht das genauso: „Bei Merics bekommen Journalisten sofort eine Antwort, bei den Unis ist das nicht immer der Fall.“ Die daneben sitzende Nicole Bastian nickte und ergänzte: „Wir Journalisten stehen meist unter Zeitdruck und brauchen schnelle Antworten.“ Und die liefert eben Merics. Zum Schluss drehte sich die Runde noch um die sehr aktuelle Frage, wie die Wissenschaft mit China kooperieren sollen. Heberer hielt ein fast leidenschaftliches Plädoyer für die Zusammenarbeit und für Feldforschung vor Ort. Nur mit Satellitenbildern könne man nicht herausfinden, was in China passiert. Blechinger-Talcott berichtet von immer mehr Vorgaben durch die Politik. Fast jede Uni baue derzeit Büros auf, um die Zusammenarbeit mit China zu überprüfen. Etwas zugespitzt-apokalyptisch formulierte sie: „Wenn man immer mehr Länder ausschließt, kann man am Schluss nur noch mit der Schweiz kooperieren.“

Ende der Diskussion. Danach knallten dann die Sektkorken.

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