POLITIK I EU-Strafzölle auf Elektroautos – Brüsseler Symbolpolitik

Viele deutsche Politiker – von den Ampelkoalitionären Scholz über Habeck bis Wissing – wollen sie nicht, ein Großteil der deutschen Wirtschaft auch nicht. Und trotzdem wurden sie beschlossen, weil es Brüssel (und auch die USA) wollen: Strafzölle auf chinesische Elektroautos. Am 12. Juni – wenige Tage nach der Europawahl – verkündete die EU-Kommission, dass Elektroautos aus chinesischer Produktion mit Strafzöllen zwischen 17,4 und 38,1 Prozent belegt werden. Sie sollen spätestens ab dem 4. Juli gelten. Danach bleiben der EU-Kommission noch vier Monate, bis sie definitiv verhängt werden. Immerhin: Man will also noch Zeit für Verhandlungen einräumen.

Warum diese Zölle? Weil – so die Brüsseler Argumentation – chinesische E-Autos hierzulande zu Dumpingpreisen verkauft würden und damit unsere Autoindustrie gefährdeten. Gerne wird auch von einer Flut von chinesischen E-Autos gesprochen, die unsere Märkte überschwemmen. Das klingt dramatisch, ist es aber nicht. E-Autos aus China haben (noch) einen geringen Marktanteil, viele europäische Konsumenten zögern noch, ein E-Auto aus China zu kaufen. Und zudem verkaufen BYD & Co. ihre Autos in Europa zu viel höheren Preisen als in China. Das BYD-Einstiegsmodell Seagull kostet in China rund 10 000 Euro, in Europa aber 20 000 Euro. Ist das Dumping?

Zweites Argument der EU-Kommission: Unsere Autoindustrie muss geschützt werden. Aber in diesem Segment, in dem die Chinesen stark sind, gibt es fast nichts zu schützen. Im Einstiegssegment (zwischen 20 – 25 000 Euro) haben die Europäer fast nichts anzubieten – mit Ausnahme von Renault (Dacia) und Stellantis (was auch erklärt, warum die französische Regierung die EU-Kommission aufforderte, gegen China vorzugehen).

So sind die Brüsseler Zölle eher als Symbolpolitik zu verstehen: Wir zeigen Stärke gegen China. Und wir lassen die USA nicht allein. Die USA hatten vor kurzem 100 Prozent Strafzölle auf chinesische E-Autos erhoben. Ebenfalls Symbolpolitik, weil nur wenige chinesische E-Autos in den USA verkauft werden. 100 Prozent Strafzölle, wie Washington es wollte möchte Brüssel freilich nicht erheben, obwohl man das in den USA gerne gesehen hätte. In Washington glaubt man nicht, dass diese relativ geringen europäischen Zölle Auswirkungen auf die chinesischen Importe haben dürften. Greta Peisch, Handelsexpertin in der Anwaltskanzlei Wiley und bis Ende 2023 im Office of US Trade Representative (USTR) tätig, sagt gegenüber Asia Times: „It appears that there´s quite a lot of room for the Chinese companies to absorb the tariff.“ Will heißen: Sie haben noch genügend Preissenkungspotential, um attraktiv zu bleiben. Zudem sind die chinesischen E-Autobauer weder auf den amerikanischen noch den europäischen Markt angewiesen. Erstens haben sie einen gigantischen heimischen Markt, und zweitens haben sie zunehmend die Märkte des Globalen Südens im Visier. Analyst Jacob Mardell schreibt in einem Kommentar für das britische Royal United Services Institute (RUSI): „There is (also) a battle beginning between Chinese and Western auto companies for emerging EV markets in the Global South.” Und in diesem Kampf scheinen die chinesischen Hersteller Vorteile zu haben, weil sie eben die günstigen Einstiegsmodelle in ihrem Portfolio haben, und weil ihre westlichen Kontrahenten diese Märkte bislang vernachlässigt haben. Nochmals Mardell: “Western carmakers have neglected EVs in emerging markets, choosing to follow the conventional wisdom that rich countries will transition to EVs first, with poorer countries lagging behind.”  Chinas Elektroautobauer sind also durch die Zölle nicht aufzuhalten und reagieren deshalb intern eher gelassen.

Und wie reagiert das politische China? Klar war, dass Beijing antworten musste. Am 17. Juni kündigte das chinesische Handelsministerium eine Anti-Dumping-Untersuchung gegen Schweinefleisch aus der EU an. Das ist eine moderate Reaktion. Ob es dabei bleibt? Gerüchte, dass europäische Autobauer sanktioniert werden könnten, schwirren weiter durch die Diskussion. Das wäre freilich eine Eskalation und würde aus den Scharmützeln einen Handelskrieg provozieren.

Info:

Hier die Ankündigung der EU-Kommission für Strafzölle gegenüber Chinas Autobauern:

https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/ip_24_3231

Der RUSI-Kommentar von Jacob Mardell: https://rusi.org/explore-our-research/publications/commentary/leading-charge-chinese-electric-vehicles-global-south

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