CHINAHIRN liest…

….China Youth von Zak Dychtwald. Der Kalifornier wurde 1990 geboren. Genau über diese Generation, der er selbst angehört, schreibt Dychtwald. Sie heißt im Chinesischen jiǔ líng hòu, die Generation der »Nach-90er«. Manchmal wird sie auch als »Netzgeneration«, »Ich-Generation« oder »Erdbeergeneration« bezeichnet – weil diese Altersgenossen unfähig sind, »Bitteres zu essen«. Dychtwald: „Diese junge Generation ist die erste in der modernen Geschichte Chinas, deren Angehörige sich mehrheitlich keine Gedanken über existenzielle Fragen wie jene machen müssen, ob ihre Familie genug zu essen haben wird.“

   Aber wir wissen fast nichts über diese rund 400 Millionen Chinesen, aus deren Mitte sich die kommenden Eliten des Landes rekrutieren werden. Sie werden entscheiden, welchen Weg China gehen wird, weiterhin den von der KP und ihren Führern eingeschlagenen Weg oder vielleicht doch einen Richtung westlicher, demokratischer Ideen. Es ist das Verdienst Dychtwalds, das er uns diese entscheidende Generation Chinas näherbringt, indem er viele dieser jungen Chinesen beschreibt.

  Nach seinem Studium an der Columbia University in New York ging Dychtwald 2012 nach China. „Im Gepäck hatte ich die Adresse einer Unterkunft und die Telefonnummer einer Sprachschule. Ich beherrschte die Sprache nicht, kannte niemanden in China und hatte keinen Job.“ Er blieb fünf Jahre, lernte die Sprache und studierte das Milieu seiner chinesischen Altersgenossen. Heraus kam dieses Buch, das bereits 2018 in Englisch erschien.

   Für Dychtwald, der inzwischen in New York lebt, ist das Junge China einzigartig. Warum? „Die chinesischen Millennials sind in einer Welt aufgewachsen, die sich um ein Vielfaches schneller verändert hat als unsere.“ Das wirke sich auf sämtliche Aspekte ihres Lebens aus: auf ihr Weltbild, ihre Vorstellung von einem geeigneten politischen System, von einem »guten« Produkt, von Schönheit, Bildung und Familie – auf ihr gesamtes Denken. Er beschreibt die jungen Chinesen als weltoffen, aber gleichzeitig als stolz. Sie hätten ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein. „Sie betrachten ihr eigenes politisches System als effektiv, wenn auch fehlerbehaftet.“ Sie hätten die staatliche Zensur satt und würden sich nach Freiheit sehnen. ..Aber die meisten von ihnen sehnen sich nicht nach Freiheit von einer Regierung, die sie unterdrückt und einschränkt, sondern nach Freiheit von der Unterdrückung und Einschränkung durch in der Tradition verwurzelte Erwartungen.“

   Warum wissen wir so wenig über diese jungen Chinesen?  Dychtwald übt Journalistenschelte: „Die Journalisten, mit denen ich spreche, haben das Gefühl, in einer Zwickmühle zu stecken: Da niemand positive Nachrichten über China liest, konzentrieren sie sich fast ausschließlich auf negative und politische Meldungen. So schüren wir das Feuer des Nationalismus in China.“ Er sei davon überzeugt, dass wir uns in der Auseinandersetzung mit China auf die Menschen konzentrieren müssen, um unsere Probleme mit dem Land zu bewältigen.

     Dychtwald hat mit seinem Buch einen sehr hilfreichen und notwendigen Beitrag zur Problembewältigung geleistet.

Info:

Zak Dychtwald: China Youth, Econ Verlag, 352 Seiten, 24 Euro.

No Comments Yet

Comments are closed