Es war eine Nacht-und-Nebel-Aktion, die sich just in den Juli-Tagen vor 50 Jahren abspielte. Morgens um 4 Uhr bestieg der amerikanische Sicherheitsberater Henry Kissinger mit Sonnenbrille und hochgeschlagenem Mantelkragen im pakistanischen Islamabad ein Flugzeug und flog in geheimer Mission nach Beijing. Dort hielt er sich drei Tage auf und traf sechsmal Ministerpräsident Zhou Enlai. Kissinger Blitztrip über den Himalaya ebnete damals den Weg für den legendären, eisbrechenden Besuch Richard Nixons im Februar 1972, der letztendlich auch zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Nationen führte. Soweit der kurze Ausflug in die Geschichte. Und was ist heute? Heute dominiert überwiegend Sprachlosigkeit zwischen China und den USA. Nur am 10. Februar kurz vor Chinesisch Neujahr kam es zu einem kurzen Höflichkeits-Telefonat zwischen Joe Biden und Xi Jinping. Danach herrschte wieder Funkstille. Biden traf inzwischen Wladimir Putin, den er zuvor einen Killer nannte. Warum also nicht auch mit Xi Jinping reden? Offenbar wird aber hinter den Kulissen an einem Gipfeltreffen gearbeitet. Spätestens im Oktober beim G20-Gipfel in Rom soll es zu einem Meeting der Präsidenten der beiden Supermächte kommen. Und das ist gut so. Denn durch Nichtmiteinanderreden kann man keine Probleme lösen. Wie sagte doch CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet soeben in einem Interview mit “The Guardian”: “Even in the coldest of cold wars there was always economic exchange and a dialogue between civil societies.” Ob er Kissingers Memoiren gelesen hat?
Wolfgang Hirn