WER MACHT WAS? Deutschland, deine Sinologen. Heute: Uni Würzburg

In Deutschland gibt es an vielen Universitäten, aber auch an einigen Fachhochschulen die Möglichkeit, Sinologie oder sogenannte Kombistudiengänge – Sinologie meist mit Wirtschaft – zu studieren. Die Unis haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Manche lehren vorwiegend das moderne China, manche eher das alte China, die meisten jedoch beides. In dieser Serie werde ich die sinologischen Abteilungen an den deutschsprachigen Universitäten,ihre Geschichte, ihre Schwerpunkte und ihre Lehrenden vorstellen. Erste Hochschule in dieser neuen Reihe ist die Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Die Geschichte: Die 1402 gegründete Uni Würzburg zählt zu den ältesten Universitäten Deutschlands. Aber die Sinologie etablierte sich dort erst 1965. Erster und einziger Professor damals war Hans Steininger als Ordinarius für „Philologie des Fernen Ostens“, die auch Japan miteinschloss. Ihm folgte 1988 Dieter Kuhn, der bis 2009 lehrte. Unter Kuhn wurden gleich mehrere wichtige Akzente gesetzt. Er hat sich sehr für eine moderne Ausrichtung der Sinologie eingesetzt. So hat Kuhn 2002 den Kooperationsvertrag mit der Peking Universität (Beida) abgeschlossen, 2007 die Juniorprofessur für Contemporary China eingerichtet und frühzeitig die Zusammenarbeit mit den Wirtschaftswissenschaftlern gesucht, womit er die Voraussetzungen für die spätere Etablierung des Lehrstuhls China Business and Economics schuf.

Die Professoren: Die Sinologie hat heute drei ordentliche Lehrstühle: den Lehrstuhl für die Kulturgeschichte Ostasiens (Roland Altenburger), den Lehrstuhl für Contemporary Chinese Studies (Björn Alpermann) und den Lehrstuhl für China Business and Economics (Doris Fischer). Die beiden letzteren fallen in die Kategorie Modernes China. Alpermann sagt: „Was uns auszeichnet, ist der Brückenschlag zwischen Vormoderne und Moderne.“

Roland Altenburger (57) studierte u. a. Sinologie an der Uni Zürich, wo er auch 2001 habilitierte. Seit 2012 hat er den Lehrstuhl für Kulturgeschichte Ostasiens inne. Seine Arbeitsgebiete sind u.a.: Kultur-und Sozialgeschichte des spätkaiserlichen Chinas (Song- bis Qing-Zeit), Erzähl- und Dramenliteratur der späten Kaiserzeit sowie Regionalismus und regionales Schrifttum. Altenburger erklärt seinen Schwerpunkt wie folgt: „Ich zeige den Studenten auf, wie sie kultur- und sozialgeschichtliche Fragen anhand von vormodernen literarischen Texten untersuchen können. Dabei betone ich neben den Kontinuitäten auch die Brüche zwischen Tradition und Moderne.“

Björn Alpermann (49) studierte an der Uni Köln, wo er 1999 als Diplom-Regionalwissenschaftler China abschloss. Nach mehrjähriger Assistententätigkeit an der Uni Köln wechselte er 2008 nach Würzburg. Dort war er seit 2007 zunächst Junior-Professor, im anuar 2013 erhielt er den Lehrstuhl. Seine Arbeitsgebiete sind Politik im ländlichen China, Proteste und Demokratiebewegung, Sozialer Wandel und politische Kultur, Bevölkerungspolitik (Alterssicherung) und Minderheitenpolitik (Xinjiang und Tibet). Alpermann sagt: „Ich versuche sehr stark einen soziologischen Schwerpunkt zu setzen.“  Derzeit leitet er das vom BMBF finanzierte stadtsoziologische Projekt „Soziale Welten in Chinas Städten.“

Doris Fischer (56) studierte BWL und Sinologie an der Uni Hamburg. „Das waren damals zwei Kulturen“, sagt sie, „aber bei uns in Würzburg wächst das zusammen.“ Und zwar in dem 2011 neu geschaffenen Lehrstuhl für Chinese Business and Economics, auf den sie im März 2012 nach Stationen an der Uni Duisburg-Essen und dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn berufen wurde. Ihre Arbeitsgebiete sind Wettbewerbspolitik, Industriepolitik und Regulierung in China, Nachhaltigkeitsorientierte Innovationssysteme (erneuerbare Energien und Elektromobilität) sowie Lehren aus der ökonomischen Transformation Chinas. Derzeit forscht sie über das chinesische Sozialkreditsystem und seine Auswirkungen auf Deutschland, ein Projekt des Bayrischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt).

Das Studium:

Neben dem Bachelor-Studiengang “Modernes China” bietet die Uni vier Master-Studiengänge an: Chinese Studies, Chinese Politics and Society (für Politikwissenschaftler und Soziologen), China Business and Economics (nur für Sinologen), China Language and Economy (nur für Wirtschaftswissenschaftler). Die China-bezogenen Veranstaltungen der vier Mastergänge finden komplett auf Englisch statt. Ein wichtiges Differenzierungsmerkmal zu anderen Unis ist die Integration eines Auslandssemesters, das an der renommierten Beida absolviert wird. Doris Fischer sagt: „Wir legen sehr viel Wert auf Sprachausbildung. Bei uns darf keiner die Uni verlassen, ohne in China gewesen zu sein.“ Neben der hochwertigen Chinesisch-Sprachausbildung gibt es auch Angebote für Japanisch und Koreanisch.

Die Berufschancen:

 „Wir haben einen guten Ruf“, sagt Doris Fischer, „unsere Absolventen kommen deshalb gut unter.“ Vor allem in der Wirtschaft. Deshalb vergibt sie häufig Masterarbeiten mit Praxisbezug. „Wir haben nach wie vor viel zu wenig China-Kompetenz in deutschen Unternehmen“, sagt sie und sieht in der Wirtschaft noch genügend Chancen für ihre Studenten, wobei sie konzediert, dass nicht alle einen Manager-Job mit China-Bezug anstreben.

Info:

Die Webseite der Sinologie in Würzburg: https://www.phil.uni-wuerzburg.de/sinologie/startseite/

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