In Deutschland gibt es an vielen Universitäten, aber auch an einigen Fachhochschulen die Möglichkeit Sinologie oder sogenannte Kombi-Studiengänge – meist mit Wirtschaft – zu studieren. Die Unis haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Manche lehren vorwiegend das moderne China, manche eher das alte China, die meisten beides. In dieser Serie werde ich die sinologischen Abteilungen an den deutschsprachigen Universitäten und ihre Geschichte, ihre Schwerpunkte und ihre Lehrenden vorstellen. Heute ist die Universität Trier dran.
Die Geschichte: Die Sinologie an der Universität Trier startete im Wintersemester 1981/82. Gründungsdirektor war Chiao Wei, ein Chinese mit einem facettenreichen Background. Er kam 1958 nach Wien, wo er promovierte. Nach einer Zwischenstation in Bonn entschied er sich 1981 für Trier. Chiao ging 1992 in den Ruhestand, im Februar dieses Jahres verstarb er 95jährig. Einer der legendären Trierer Lehrenden ist auch Karl-Heinz Pohl (76), der von 1992 bis 2010 die Sinologie in Trier mitprägte. Und wo steht die Trierer Sinologie heute? Professorin Kristin Shi-Kupfer gibt die Antwort: „Die Trierer Sinologie ist beides – alt und modern. Wir haben eine gute Balance. Wir kommen von der Moderne und schauen zurück – und auch umgekehrt.“ Und weiter: „Wir versuchen jedes Semester ein Thema, zum Beispiel Privatheit oder Sport, von beiden Perspektiven in Seminaren zu beleuchten, um die Beschäftigung mit dem vormodernen und gegenwartsbezogenen China noch stärker zu verzahnen.“
Die Lehrenden: Derzeit gibt es zwei Lehrstühle. Sie sind besetzt vonKristin Shi-Kupfer und Christian Soffel. Soffel, der in München habilitierte, ist seit 2012 Professor in Trier und beschäftigt sich mit der Kultur- und Geistesgeschichte Chinas mit Schwerpunkt Konfuzianismus. Shi-Kupfer ist seit Oktober 2020 als Nachfolgerin von Yong Liang Professorin für Staat, Kultur und Gesellschaft des modernen Chinas mit Schwerpunkt digitalen Medien. Davor leitete sie von 2013 an den Bereich Politik, Gesellschaft und Medien am Merics in Berlin. Ihr damaliger Chef war Sebastian Heilmann, der das Merics aufbaute. Heilmann, einer der profiliertesten deutschen China-Experten, ist inzwischen wieder zurück in Trier auf seinem Lehrstuhl für Politik und Wirtschaft Chinas. Dieser ist aber nicht der Sinologie angeschlossen, sondern dem Fachbereich Politikwissenschaft. Dort lehrt mit dem außerplanmäßigen Professor Dirk Schmidt ein weiterer China-Experte (vor allem Außen- und Sicherheitspolitik). Auch in den Wirtschaftswissenschaften gibt es zwei Professoren, die sich u.a. mit China beschäftigen: Xenia Matschke (Internationale Wirtschaftspolitik, sie forscht zu Industriepolitik) und Marc Oliver Rieger (BWL, Schwerpunkt: Interkulturelles Management).
Das Studium: Trier bietet zwei Studiengänge an:Moderne China-Studien (Bachelor, Haupt- und Nebenfach) und China – Kultur und Kommunikation (Master). Bachelor-Studierenden wird nach dem vierten Semester ein einjähriger Aufenthalt an einer chinesischsprachigen Universität empfohlen. „In der Regel machen das auch alle“, sagt Kristin Shi-Kupfer. Seit Jahren hat Trier für diesen Aufenthalt Partnerhochschulen in Wuhan, Xiamen, Shanghai und Taipeh. Durch die chinesische Expertise in der Politik- und Wirtschaftswissenschaft ist Trier auch ideal für einen Kombistudiengang: Politik plus Sinologie oder BWL/VWL plus Sinologie. Viele Bachelor-Absolventen – Shi-Kupfer schätzt zwei Drittel – entscheiden sich für einen Master-Studiengang. Dieser wird in Trier gerade neu ausgerichtet. Bisher lag der Schwerpunkt unter anderem auf interkultureller Kommunikation, was auch der Schwerpunkt von Shi-Kupfers Vorgänger Yong Liang war. Sie will ihrer Spezialisierung entsprechend mehr auf die Themen Innovation und Digitalisierung setzen. „Mindestens zwei Jahre brauchen wir für diese Umstellung“, sagt sie. In diesem Zeitraum soll auch entschieden werden, ob der Masterstudiengang künftig in Deutsch oder Englisch durchgeführt wird. Neben all den fachlichen Punkten bietet Trier noch andere Pluspunkte: „Wir sind eine Campus-Uni“, erläutert Shi-Kupfer. Alles ist auf einem grünen Hügel über der Stadt konzentriert. Und: „Wir sind hier in Trier weg vom Gedränge“. Das kann man, wenn man will, positiv sehen: Man kann sich auf das Studium konzentrieren.