HU IS HU? Zheng Qinwen – Chinas neuer Tennisstar

Nein, sie wollte in kein Flugzeug steigen, um zu Turnieren in Europa zu fliegen. Wegen Corona war ihr das zu gefährlich. Deshalb ließ sich Zheng Qinwen im Sommer 2021 mit dem Auto durch Europa kutschieren. Oft war sie 20 Stunden unterwegs, um von ihrem Wohnsitz Barcelona nach Deutschland, Italien oder Tschechien zu gelangen, wo sie bei Tennis-Turnieren Punkt für Punkt für die Weltrangliste sammelte.

Inzwischen ist sie dort auf Platz 54 angekommen. Nach den French Open ist sie nochmals nach oben geklettert. In Paris schaltete sie erst die ehemalige French-Open-Siegerin Simona Halep aus, ehe sie im Achtelfinale an der späteren Siegerin Iga Swiatek scheiterte, auch weil sie unter Schmerzen spielte, wie sie später in der Pressekonferenz einräumte. Welche Schmerzen? fragte ein Journalist anschließend. Sie sagte offen: „Schmerzen wegen Mädchensachen.“ Eine Umschreibung für Menstruationsbeschwerden. Zum ersten Mal thematisierte eine Spitzensportlerin dieses Thema öffentlich. Ihr Zitat „Ich wünschte, ich wäre ein Mann auf dem Platz und müsste das nicht durchmachen“ ging um die Welt. Das brachte ihr viel Aufmerksamkeit in den Medien ein. Doch auch ihre Leistung wurde dort gewürdigt.

Die neunzehnjährige Zheng Qinwen ist der neue hoffnungsvolle chinesische Tennisstar. Wer ist diese junge hoffnungsvolle Frau, die vor einem Jahr noch durch europäische Provinzturniere tingelte?

Wie so oft waren die Eltern die treibende Kraft. Im Alter von sechs Jahren forderte sie ihr Vater auf, sich eine Sportart auszuwählen. Badminton, Basketball, Tischtennis und Tennis probierte sie damals in ihrem Heimatort aus, dem Drei-Millionen-Städtchen Shiyan (Provinz Hubei). Und sie entschied sich für Tennis. Mit acht Jahren zog sie zu Hause aus und ging in eine Tennisschule ins rund 250 Kilometer entfernte Wuhan. „Das war eine schwierige Zeit für mich“, sagte sie. Ihre Eltern besuchten sie zwar regelmäßig, aber trotzdem fühlte sie sich allein. In der Zeit in Wuhan trainierte sie viel und schaute auch viel Tennis im Fernsehen. Zwei Athleten zogen sie besonders in ihren Bann: der Schweizer Roger Federer und ihre Landsfrau Li Na. Über Federer schrieb sie auf Weibo: „I remember sitting in front of the TV watching Federer  when I was a child, enjoying every shot. It was inspiring me.” Mit acht verfolgte sie den Triumph von Li Na bei den French Open 2011: „In that moment I was still a child and then she gave me a dream, that the Asian player, the Chinese player also can win the Grand Slam. She´s my idol.”  Ihr wollte sie nacheifern, und sie trainierte noch härter. Im November 2013 trat sie erstmals in den USA auf – bei den Discovery Open in Bradenton, Florida. Dort fiel sei den Spähern der berühmten Vermarktungsagentur IMG auf. Sie nahmen die damals elfjährige Chinesin unter Vertrag. Es folgten Jahre an der Tennis Academy in Beijing, wo Li Nas Trainer Carlos Rodriguez sie schulte und verbesserte. Später zog sie dann in die Tennis Akademie von Pere Riba in Barcelona.

In ihre Heimat China ist sie in den vergangenen zwei Jahren wegen Corona nicht gereist. Und sollte dort wieder die Einreise möglich sein, wird sie dort ihre Tenniskünste nicht vor Publikum zeigen können. Denn die Women´s Tennis Association (WTA) hat auf absehbare Zeit alle Turniere in China und Hongkong abgesagt, weil die chinesischen Behörden bei der Aufklärung des Schicksals von Peng Shui wenig kooperativ waren (der ehemalige Tennisstar beschuldigte einen hohen Partie-Funktionär der sexuellen Belästigung). So wird Zheng Qinwen vorerst weiter im Tenniszirkus außerhalb Chinas auftreten. Aber inzwischen fliegt sie zu den Turnieren. Nächstes Ziel: London, Stadtteil Wimbledon.

Info:

Hier ein Podcast mit dem Ex-Tennis-Profi Patrick McEnroe, der u.a. über Zheng Qinwen spricht:

No Comments Yet

Comments are closed