WER MACHT WAS I Deutschland, deine Sinologen (15). Heute: Uni Heidelberg

In Deutschland gibt es an vielen Universitäten, aber auch an einigen Fachhochschulen die Möglichkeit Sinologie oder sogenannte Kombi-Studiengänge – meist mit Wirtschaft – zu studieren. Die Unis haben dabei unterschiedliche Schwerpunkte. Manche lehren vorwiegend das moderne China, manche eher das alte China, die meisten beides. In dieser Serie werde ich die sinologischen Abteilungen an den deutschsprachigen Universitäten und ihre Geschichte, ihre Schwerpunkte und ihre Lehrenden vorstellen. Heute ist die Universität Heidelberg dran.

Die Geschichte: Am 19. Juli 1919 mittags um 12 Uhr trat Major Dr. F. E. A. Krause im Hörsaal 13 des Hauptgebäudes an der Uni Heidelberg zu seiner Antrittsvorlesung an. Thema: „Sprache und Schrift in China und Japan.“ Das war der Beginn der Sinologie in Heidelberg. Erste prominente Studierende waren Netty Reiling (die sich später Anna Seghers nannte) und Philipp Schaeffler (ermordeter Widerstandskämpfer). Doch knapp zehn Jahre später war schon wieder Schluss. Krause wechselte nach Göttingen, ein Nachfolger wurde nicht ernannt. Erst 1962 wurde wieder ein Institut für Sinologie gegründet. Wolfgang Bauer war der erste Lehrstuhlinhaber. Er blieb aber nur bis 1968 und wechselte dann nach München. Ihm folgten Günther Debon (1968-1986) und sodann der sehr einflussreiche Rudolf Wagner (1987-2012). Unter ihm wurde die Heidelberger Sinologie kräftig ausgebaut, bedeutsam hierfür war unter anderem die Mitarbeit am Exzellenzcluster Asien und Europa im Globalen Kontext. Heute zählen zur Sinologie 35 Wissenschaftler/innen. Alle sind Teil des Centre for Asian und Transcultural Studies (CATS). Der Asien-Campus der Universität Heidelberg wurde 2019 eröffnet, umfasst – nebenbei bemerkt – auch eine der umfangreichsten europäischen Bibliotheken zu China und Asien und über 200 Wissenschaftler/innen. Neben der regulären Lehre sind zahlreiche Vortragsreihen, Workshops und kulturelle Veranstaltungen Kennzeichen der lebendigen Heidelberger Asienwissenschaften. Eine der Professorinnen ist Anja Senz. Sie sagt: „Die Heidelberger Sinologie bietet eine deutschlandweit nahezu einzigartige Vielfalt und thematische Breite.“

Die Lehrenden: Insgesamt gibt es sechs Professuren mit Chinabezug. Enno Giele ist derzeit Direktor des Instituts für Sinologie. Er ist seit 2012 in Heidelberg und vertritt thematisch das klassische China. Barbara Mittler, die auch Musikwissenschaft studiert hat, hat den Schwerpunkt chinesische Kunst, Musik und Literatur. Gotelind Müller-Saini beschäftigt sich mit moderner chinesischer Geschichte, insbesondere im Bereich Bildung. Ganz im aktuellen China bewegt sich Anja Senz mit Schwerpunkten in der heutigen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Joachim Kurtz befasst sich mit der chinesischen Geistesgeschichte und Michael Radich ist einer der weltweit renommiertesten Buddhismus-Forscher.

Das Studium: Die Heidelberger Sinologie bietet zwei große Vorteile: erstens ein umfangreiches und vielfältiges Lehrangebot, durch die thematische Vielfalt der Schwerpunktsetzungen im Institut und die Einbindung in das CATS sowie zweitens eine besonders intensive Sprachausbildung, die das Studium von Kurz- und Langzeichen sowie klassischem Chinesisch vorsieht und mit einem intensiven Einstiegskurs, dem Propädeutikum—einzigartig in Deutschland— beginnt. Ein Jahr wird hier Chinesisch richtiggehend gepaukt. Viele Studierende schätzen diese fundierte Sprachausbildung und wählen deshalb ganz bewusst Heidelberg. „Wir bringen die Studierenden am Ende des Bachelor-Studiums auf ein Niveau jenseits von HSK 5, oft bis HSK 6“, sagt Anja Senz. In Heidelberg können sie – so der korrekte Titel des Studienfachs – den Bachelor Ostasienwissenschaften mit Schwerpunkt Sinologie abschließen. Das ist kein Mono-Bachelor, sondern je nach Fächer-Kombination ein Bachelor mit 75-, 50- oder 25-Prozent Sinologie-Anteil, der je nach Interesse Schwerpunktsetzungen im Studium erlaubt. Ein Auslandssemester ist nicht vorgeschrieben, de facto absolvieren es fast alle Studierenden. Dazu hat die Sinologie mehrere Partnerhochschulen in China, Hongkong und Taiwan und bietet viele Institutsstipendien an. Weil die Sinologie hier so vielfältig und forschungsintensiv ist, lockt Heidelberg auch Masterstudierende an. „Viele schauen gezielt nach den Forschungsfeldern und wählen deshalb hier den Masterstudiengang“, sagt Anja Senz. Neben Bachelor und Master bietet die Sinologie im Verbund mit der Heidelberg School of Education auch einen Lehramtsstudiengang für Chinesisch an. Das Thema „China an Schulen“ spielt dank Barbara Mittler schon länger eine wichtige Rolle. In Heidelberg spürt man übrigens den bundesweiten Trend des nachlassenden Interesses an der Sinologie nicht so stark. „Wir haben in den vergangenen zwei Jahren gute Anfänger-Zahlen gehabt“, sagt Anja Senz. 

Info:

Die Homepage der Sinologie ist hier: https://www.zo.uni-heidelberg.de/sinologie/

Die Alumni der Heidelberger Sinologie pflegen ein sehr aktives Netzwerk. Organisiert sind sie im SHAN  (Sinologie Heidelberg Alumni Netzwerk). Dieses gibt auch einen Newsletter heraus, der ein wahre Fundgrube nicht nur für Heidelberger (Ex-) Sinologen ist https://www.zo.uni-heidelberg.de/sinologie/shan/index.html

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