Am Sonntag, einen Tag nach Ende des 20. Parteitags, defilierten die sieben Herren über den roten Teppich. Vorweg Xi Jinping. Das war klar. Aber wer kommt danach und in welcher Reihenfolge? Das war die spannende Frage für die Journalisten, die im Goldenen Saal der Großen Halle des Volkes dieser Zeremonie beiwohnen durften. An zweiter Stelle marschierte Li Qiang ein. Er wird deshalb wohl im nächsten Frühjahr auf dem Nationalen Volkskongress neuer Ministerpräsident werden. Ihm folgten Zhao Leji, Wang Huning, Cai Qi, Ding Xuexiang und Li Xi. Diese sieben Männer, alle über 60 Jahre alt, bilden den neuen Ständigen Ausschuss des Politbüros. Dieser ist der Machtzirkel in der Partei. Vier Mitglieder sind neu. Nur zwei – Wang Huning und Zhao Leji – durften bleiben. Die Medien im Westen bewerteten die Sieben als eine Riege der loyalen Ja-Sager. Stellvertretend sei die BBC zitiert: „Xi prizes loyalty over expertise and experience.“ Das sei falsch, schreibt Uwe Parpart in „Asia Times” in seinem Artikel „Misreading Xi and the rise of Li“. Am Beispiel Li Qiang, der neuen Nummer Zwei, zeigt er, dass dieser eben mehr als nur Loyalität gegenüber Xi zu bieten hat: „Li is a tech-savvy supporter of high-tech entrepreneurship.“ Ja, die Herren sind Gefolgsleute Xi Jinpings, aber eben nicht nur. Deshalb will ich sie in alphabetischer Reihenfolge kurz vorstellen.
Cai Qi (66), bisher Bürgermeister Beijings. Dort hat er mit den reibungs- und seelenlosen Olympischen Winterspielen ein Meisterstück abgeliefert. Er stammt aus Fujian. Dort, aber auch später in Zhejiang, hat er unter Xi Jinping gearbeitet.
Ding Xuexiang (60) ist wohl derjenige unter den sieben, der die meiste Zeit mit Xi Jinping verbringt. Der Maschinenbauingenieur ist seit 2007 Xis Sekretär. Interessant ist, dass er – wie auch Wang Huning – nie Partei- oder Regierungschef einer Provinz war, was eigentlich ein Muss ist, um in den Ständigen Ausschuss zu kommen.
Li Qiang (63), bisher Parteichef in Shanghai, wo er den zweimonatigen Lockdown der Stadt zu verantworten hatte. Das schadete zwar dem Image der Stadt, aber nicht seiner Karriere. Li Qiang und Xi Jinping kennen sich seit 2004, damals wurde Li Xis persönlicher Assistent, der ihn überallhin begleitete und auch seine Kolumnen für das Provinzblatt schrieb. Seit 2017 ist Li nun Parteichef von Shanghai. In der Zeit ermöglichte er die schnelle Ansiedlung von Tesla in Shanghai. Li gilt als wirtschaftsnah und sehr technologieaffin.
Li Xi (66) bislang Parteichef von Guangdong, dem ökonomischen Powerhouse im Süden, das für seine wirtschaftlichen Reformen und seine erfolgreichen Tech-Unternehmen bekannt ist. Er ist auch ein Verfechter der Greater Bay Area (GBA), dem Zusammenschluss von Teilen Guangdongs mit Hongkong. Li und Xi kennen sich seit den frühen 80er Jahren, als Li für einen Parteiveteranen arbeitete, der eng mit dem Vater von Xi Jinping verbunden war.
Wang Huning (67) ist der primus genius. Der Intellektuelle kletterte nicht die Parteihierarchie hoch, hatte nie ein Führungsamt in einer Provinz. Er war lange Jahre bis 2020 Chef des Central Policy Research Office (CPRO), dem Thinktank des Zentralkomitees. Wang lieferte die Inhalte für die Schlagworte der Mächtigen, ob sie Jiang Zemin, Hu Jintao oder nun eben Xi Jinping heißen. Bei der Seidenstraße-Initiative oder auch beim Chinese Dream soll er der Vater der Gedanken gewesen sein.
Zhao Leji (65), bisher Chef der Central Commission for Disciplin Inspection (CDDI), einer mächtigen und einflussreichen Organisation innerhalb der KP. Sie leitete die Anti-Korruptionskampagne, wacht aber auch über Abweichler von der Parteilinie. Zhao war schon mit 42 Jahren Regierungschef einer Provinz, damals in Qinghai.
Und noch eine wichtige Personalie außerhalb des Ständigen Ausschusses ist zu vermelden. Der bisherige Außenminister Wang Yi, der nun auch im Politbüro ist, wird wohl Nachfolger von Yang Jiechi als Leiter der Kommission der auswärtigen Beziehungen beim Zentralkomitee. Hört sich etwas verquer an, de facto ist Wang damit der Außenminister der KP, der noch über dem Außenminister der Regierung steht.