Flugzeuge sind ja – das liegt in der Natur der Sache – für große Höhen ausgerichtet. Aber das heißt nicht, dass sie auf hochgelegenen Flughäfen problemlos starten und landen können. Deshalb müssen neue Flugzeugtypen vor der endgültigen Zulassung solche Flughäfen zum Testen anfliegen. Genau dies hat Mitte November eine chinesische Maschine des Typs C919 gemacht. Sie flog von Chengdu zum Aba Hongyuan Airport. Dieser liegt im nördlichen Sichuan auf 3535 Metern. Nach Definition der chinesischen Luftfahrtbehörde CAAC gelten Flughäfen über 8000 Feet (2438 Meter) als High-Plateau-Airports. Nach diesen Flügen ist die C919 in ganz China, das acht der zehn höchstgelegenen Flughäfen der Welt hat, endlich einsatzfähig, nachdem die Maschine schon Ende September die Zertifizierung von der CAAC bekommen hatte. Noch in diesem Jahr werden an die Fluglinie China Eastern die ersten C919 geliefert. Ab Juni 2023 sollen sie dann für China Eastern regelmäßig in die Lüfte gehen, kündigte kürzlich China-Eastern-Manager Wang Jian an.
Die C919 ist für China ein Prestigeprojekt. Mit ihm wollen die Chinesen beweisen, dass sie auf dem Weg zu einer High-Tech-Nation sind. Bislang beherrschen diese Kunst des Flugzeugbaus nur die Amerikaner und die Europäer. Die einen haben Boeing, die anderen Airbus. Doch dieses Duopol von Airbus und Boeing wollen die Chinesen mit der C1919 knacken. Die C919 mit seiner Reichweite von maximal 5500 Kilometern und einer Passagierzahl zwischen 156 und 168 zielt auf das lukrativste Segment der Luftfahrtbranche, die Mittelstreckenmodelle. Dort dominieren bislang Airbus mit seiner A 320 und Boeing mit seiner 737-Reihe den Weltmarkt.
Die Planung für einen Passagierjet Made in China startete schon vor vielen Jahren (C919 steht übrigens für China, 9 für Ewigkeit und 19 für 190, der maximalen Anzahl von Sitzplätzen). Damals wurde eigens ein neues Unternehmen gegründet, Comac: Commercial Aircraft Cooperation of China. Mehrmals mussten freilich die zu optimistischen Planungen geändert werden. So war beispielsweise der Jungfernflug für 2014 geplant. Tatsächlich fand er aber erst im Mai 2017 statt. Ebenso verschob sich die Erstauslieferung von 2019 eben auf Ende 2022. Konstruktion und Bau eines solchen Passagierflugzeugs ist ein komplexes Unterfangen, bei dem China einiges an Lehrgeld zahlen musste. Hinzu kommt, dass Comac beim Bau der C919 auf viele Zulieferer aus dem Ausland angewiesen war, weil das Know-how im Lande nicht vorhanden ist. So kommen die Fahrwerke von Liebherr Aerospace. Am wichtigsten ist freilich das Triebwerk, sozusagen das Herzstück eines jeden Passagierflugzeuges. Es wird von CFM geliefert, einem Joint-Venture von General Electric (USA) und Safran Aircraft Engines (Frankreich). Zwar versuchen die Comac-Ingenieure eigene Triebwerke zu entwickeln, aber Experten gehen davon aus, dass sie frühestens 2025 in die C919 eingesetzt werden können.
Laut Comac liegen inzwischen für die C919 über 800 Bestellungen von 28 Kunden vor. Fast alle sind aus China. Denn ins westliche Ausland darf die C919 noch nicht fliegen, weil sie dort noch nicht zugelassen ist. Die Behörden in den USA (FAA) und Europa (EASA) prüfen noch. Sie werden sich Zeit lassen, um ihre Platzhirsche Boeing und Airbus zu schützen.
Info:
Hier ein Video über das neue chinesische Passagierflugzeug C 919: https://www.youtube.com/watch?v=PZARFOKc06w
Hier eine graphische Übersicht über die Teile, die aus dem Ausland geliefert werden: https://www.graphicnews.com/en/pages/35362/aviation-chinas-c919-plane-maiden-flight