Der Blick ist genial. Auf der 40. Etage des Futian Shangri-La befindet sich das Restaurant Ensue. Hoch genug um eine tolle Aussicht auf das Häusermeer und die nahen Berge der High-Tech-Metropole Shenzhen zu bieten. Aber nicht nur deswegen ist das Ensue Spitze, sondern vor allem wegen seiner Küche. Das 2019 von dem Amerikaner Christopher Kostow gegründete Ensue gehört zu den 50 besten Restaurants Asiens. Der kanadische Küchenchef Miles Pundsack-Poe bietet hier hervorragende Fusion-Küche – einen Mix aus kantonesischen und kalifornischen Elementen. Weil hier alles perfekt ist oder zumindest sein soll, muss auch der Sommelier Spitze sein. Der Sommelier ist eine Sie, eine Sommelière: Della Tang, gerade mal 29 Jahre alt.
Gerade wurde sie zu Asiens bestem Sommelier gewählt. Die Jury des “Beronia Asia´s Best Sommelier Award” urteilte: “Her rich and profound knowledge of wines, complemented by an aptitude for insightfully attentive service, make her a leading force in China’s road to the global wine market.”
Wie kommt man mit 29 Jahren schon zu solchen Ehren?
Della Tang ist in Shenzhen geboren, und wie viele ihrer Landsleute studierte sie erstmal in den USA, und zwar Psychologie am Occidental College in Los Angeles. Doch irgendwann entdeckte sie in Kalifornien ihre Liebe zum Wein. Nach ihrem Abschluss ging sie nach Paris, um dort am renommierten „Le Cordon Bleu“ ein Wein-Diplom zu erwerben. Der Kurs an diesem Institut dauerte zehn Monate und kostete 22 500 Euro. die Zeit nutzte sie intensiv, um die besten Weingegenden Frankreichs zu besuchen. Sie war in Cognac, der Champagne, im Rhone-Tal und im Burgund. Im Chateau Caronne Ste Gemme in Bordeaux machte sie ein Praktikum. Sie inhalierte Informationen wie den Wein. Nach der Ausbildung in Paris arbeitete sie in den französischen Spitzenrestaurants Yam´Tcha (ein Stern) und Le Taillevent (zwei Sterne), ehe sie 2018 zurück nach China ging. Es folgte ein kurzes Engagement im Maison Lameloise in Shanghai. Und dann kam der Job in ihrer Heimatstadt Shenzhen im Ensue. Da war sie gar nicht als Chef-Sommelier vorgesehen. Der „South China Morning Post“ verriet sie: “When I joined Ensue, I was originally tasked with building the wine programme alongside another co-head sommelier. Unfortunately, my co-head sommelier didn’t show up, and I found myself having to take on the role alone. I felt a sense of panic before the first service of our soft opening.” Nun ist sie Group Sommelière bei Ensue und betreut neben dem Top-Restaurant noch drei weitere Lokale. Sie glaubt, dass Wein in China eine große Zukunft hat: “I believe that there is great potential for wine consumption to grow in China, and I would like to see more guests develop an interest in wine and start choosing it as a regular part of their meal.”
Trotz ihrer Ausbildung in Frankreich ist sie übrigens nicht nur auf französische Weine fixiert. Im Gegenteil: Die Jury lobt ihre “extensive and in-depth knowledge of wines far exceeds her age, covering lesser-known varieties from around the globe.” So ist es nicht verwunderlich, dass sie auch deutsche Weine im Visier hat. Auf die Frage des Tatler-Magazins, was ihr „wine of the moment“ sei, antwortete sie: Wasenhaus Spätburgunder, ein Tropfen vom badischen Kaiserstuhl.