Am 24. Juli veranstaltete die Friedrich Naumann Stiftung einen Webtalk zum Thema: “Herausforderungen des Klimawandels: Geht es auch ohne China?” Belinda Schäpe vom Think Tank E3G und Julia Marinaccio von der Universität Bern waren als Expertinnen geladen. Das Gespräch moderierte Alicia Hennig. Die virtuelle Debatte drehte sich zunächst um die Energiekrise, die China in den Anfangsjahren der Pandemie erschüttert und die zu mehreren Blackouts geführt hatte. Belinda Schäpe wies darauf hin, dass China aufgrund dieser Krise wieder verstärkt auf Kohle als Energiequelle zurückgreife. Dennoch seien die Kohlekraftwerke in China nur etwa zur Hälfte ausgelastet. Denn Kohle diene in China insbesondere als Backup um weitere Blackouts zu vermeiden. Erstaunlich, dass in der FDP-nahen Veranstaltung hier nicht die Nutzung der «sauberen Kernenergie » in China erörtert wurde. Stattdessen herrschte unter den Teilnehmern der Debatte die einhellige Überzeugung, China könne von Deutschland lernen, wie man aus der Kohle aussteigt. Deutschland als Blaupause für China? Zumindest was den Umgang mit drohendem Arbeitsplatzverlust betreffe, waren sich Schäpe und Marinaccio einig, könne Deutschland China als Vorbild dienen. Auch in Sachen Renaturierung, glaubt Marinaccio, könne China aus deutscher Erfahrung lernen. In China interessiere man sich sehr für die Beispiele in Deutschland, wo der Kohleausstieg bereits gelungen sei, pflichtete Schäpe bei.
Im weiteren Verlauf der Diskussion wurden geopolitische Fragen erörtert, wie Chinas Selbstbezeichnung als Entwicklungsland in Klimaverhandlungen und seine Erfüllung internationaler Versprechen. Julia Marinaccio äußerte sich hierzu eher pessimistisch. Belinda Schäpe hatte bereits zuvor betont, dass China im Bereich erneuerbarer Energien erhebliche Fortschritte erzielt habe und voraussichtlich seine Ziele in Sachen erneuerbarer Energien um Jahre früher erreichen werde als angekündigt. Unter anderem aufgrund der chinesischen Investitionen in Kohle blieb sie dennoch skeptisch.
Ein weiterer Diskussionspunkt war das Bewusstsein für Umweltfragen in China. Julia Marinaccio erläuterte, dass das Umweltbewusstsein in der chinesischen Bevölkerung tendenziell zunehme, insbesondere hinsichtlich der Wahrnehmung des Klimawandels. In der Vergangenheit war hauptsächlich die Luftverschmutzung als Umweltproblem erkannt worden. Unter Präsident Xi Jinping sei aber auch das Bewusstsein für die Klimakrise gestiegen, berichtete Marinaccio. Fast 90 Prozent der Menschen in China erkennen mittlerweile den Klimawandel als Umweltproblem an und um die 60 Prozent sind der Meinung, dass er menschengemacht ist. Das klang dann so, als könnte in Sachen Klimaschutz doch etwas mit China gehen.
Doch auf die Eingangsfrage, ob es auch ohne China möglich sei, das globale Klima zu retten, wollten die geladenen Gäste offenbar keine eindeutige Antwort geben. Vielmehr zeigte sich, dass niemand auf die Zusammenarbeit mit China verzichten möchte. Julia Marinaccio verwies auf globale Zusammenhänge. Als sich die Luftqualität an der chinesischen Ostküste verbessert habe, sei auch die Luftqualität an der amerikanischen Westküste angestiegen.