Im November feierte das Mercator Institute for China Studies (Merics) sein zehnjähriges Bestehen. Der Start vor zehn Jahren erfolgte zum richtigen, fast idealen Zeitpunkt. China wurde in den Folgejahren immer wichtiger, das Interesse an dem Land stieg sowohl in der Politik als auch in den Medien. Merics bediente beide mit Briefings, Schulungen, Veranstaltungen und jeder Menge Papieren. Der große Vorteil war das Startkapital von knapp 20 Millionen Euro, das die Stiftung Mercator zu Beginn für die ersten fünf Jahre zur Verfügung stellte. Damit konnten viele Experten eingestellt und viele Themen-Bereiche abgedeckt werden. Heute hat das Merics rund 40 Mitarbeiter. Mit Gründungsdirektor Sebastian Heilmann und seinem Nachfolger Mikko Huotari (das eineinhalbjährige Interregnum von Frank N. Pieke vergessen wir mal) hat(te) das Merics zwei Männer an der Spitze, die sich
gut vermarkten und präsentieren konnten bzw. können, auch dank einer professionellen Medienarbeit, die die erfahrene Journalistin Kerstin Lohse-Friedrich (inzwischen bei der Robert Bosch Stiftung) aufgebaut und die Claudia Wessling weitergeführt hat. Und die Merics-Experten haben in den vergangenen zehn Jahren ein dichtes Netzwerk geknüpft – vor allem zur Politik, zu den Parteien und den Ministerien.
Insbesondere die Beziehungen zum Auswärtiges Amt (AA) sind relativ eng. So stellte Annalena Baerbock die China-Strategie der Bundesregierung nicht in einer der vielen Räumlichkeiten des Bundes vor, sondern in der Klosterstraße 64, dem Sitz von Merics. Wie sehr das AA Merics schätzt, ist dem Chinastrategie-Papier zu entnehmen. Dort taucht im letzten Absatz auf Seite 61 ein interessanter Satz auf: „Think-Tanks und Forschungsinstitute leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur chinapolitischen Debatte in Deutschland und spielen eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von chinabezogenen Kompetenzen in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft. Dem Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin, einer der führenden Forschungseinrichtungen Europas zu China, kommt hierbei eine herausragende Rolle zu. Die Bundesregierung hat ein erhebliches Interesse am Bestand dieser Institutionen und der Wahrung ihrer Unabhängigkeit.“ Eine solche Hervorhebung ist ungewöhnlich und kann nicht nur mit Solidarität erklärt werden (Merics ist seit März 2021 von China sanktioniert).
Im Kuratorium von Merics sitzen zwei Vertreter des AA: Petra Sigmund, Leiterin des Referats Asien und Pazifik, und Michael Scharfschwerdt, Leiter des Planungsstabs. In dem Merics-Gremium ist auch die erfahrene Münchner Anwältin Sabine Stricker-Kellerer. Sie wurde im September 2023 von Annalena Baerbock zur neuen Co-Vorsitzenden des Deutsch-Chinesischen Forums ernannt (als Nachfolgerin von Annette Schavan, die eine etwas andere Einstellung zu China hat als Frau Baerbock).
Im Geschäftsjahr 2022 erhielt Merics laut Lobbyregister Merics Zuwendungen oder Zuschüsse von einigen Bundesministerien: vom AA zwischen 160-170 000 Euro, vom BMWK zwischen 90-100 000 Euro und vom BMBF zwischen 40-50 000 Euro (das Lobbyregister weist keine konkreten Zahlen aus). Das sind bescheidene Summen, wenn man das mit den Zuschüssen der Stiftung Mercator vergleicht (ab 2024 rund 12,7 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre). Hinzu kommt, dass im aktuellen Bundeshaushalt Merics zum ersten Mal mit jährlich 500 000 Euro gefördert werden soll. Wiebke Papenbrock, SPD-Abgeordnete im Haushaltsausschuss, sagt dazu: „Für Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist es wichtig, sich auf unabhängige und fachlich fundierte Analysen verlassen zu können. Dies leistet Merics wie kein zweites Institut im Bereich der China-Forschung.“
Das stimmt insofern, als es kein zweites Institut dieser Art in Deutschland gibt, obwohl ein solches zwecks Meinungsvielfalt wünschenswert wäre. Aber wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?
Info:
Eigentlich überflüssig, aber der Vollständigkeit halber hier der Link zur Merics-Website: www.merics.org