KULTUR I Was China liest

Schaut man nur auf übersetzte chinesische Literatur, bekommt man ein falsches Bild von der chinesischen Literaturszene. Denn es werden natürlich nicht alle Besteller übersetzt. Um ein akkurateres Bild zu bekommen, gibt deshalb das neue Online-Magazin China Books Review künftig vierteljährlich eine Übersicht unter dem Rubrum “What China is Reading“ heraus. In der ersten Ausgabe wählte Na Zhang, eine in New York lebende Übersetzerin, fünf Bücher, die für gewisse Trends in der chinesischen Bücherszene stehen. Das erste Werk ist von Chizuko Ueno und wird von Na Zhang mit „Feminism From Zero“ übersetzt. Bücher rund um das Thema Feminismus sind der große Renner in China. Interessant ist, dass die hier vorgestellte Autorin Japanerin ist. die 75jährige Ueno ist die Ikone unter den japanischen Feministinnen, aber auch in China ist sie sehr populär. Viele ihrer Bücher wurden ins Chinesische übersetzt.  Das zweite Buch ist die chinesische Übersetzung von „Working Class History – Everyday Acts of Resistance and Rebellion”. Das Buch kursierte nur im Untergrund kursierte. Die Künstlerin Chen Yun, die das Erscheinen möglich machte, wurde kürzlich 18 Monate ins Gefängnis gesteckt. Autorin des dritten vorgestellten Buches ist Lin Zhao, die 1984 in Shenzhen geboren wurde. Sie steht stellvertretend für Autoren aus dem Süden des Landes, die traditionell in der zeitgenössischen chinesischen Literatur unterrepräsentiert sind. Ihr zweiter Roman „Tide Chart“ handelt von einem Frosch, der durch die Wirren des 19. Jahrhunderts quakt. Im vierten Buch verarbeitet Hu Anyan seine Vergangenheit als delivery man. In „Delivering Packages in Beijing“ beschreibt er in autobiographischen Essays das Leben in den unteren Sphären der chinesischen Gesellschaft. Als fünfte Autorin wird Lai Xiangyin mit ihrem Buch „White Portraits“ vorgestellt. Darin porträtiert die taiwanesische Autorin drei Personen aus der Zeit des weißen Terrors, wie die Zeit der Diktatur unter Chiang Kai-shek zwischen 1947 und 1987 genannt wurde. Lai wird von Na Zhang als Teil der jungen Generation von Diaspora-Literatur bezeichnet, zu der sie Autoren aus Taiwan und Hongkong zählt.

     Ein weiterer Trend in Chinas Literaturwelt ist die zunehmende Beliebtheit für koreanische Literatur. Darauf weist die South China Morning Post in einem Artikel hin. „Contemporary Korean fiction has been gaining popularity in China in recent years despite the ongoing diplomatic tension between Beijing and Seoul”, schreibt das Blatt aus Hongkong. Es fing 2019 mit dem Buch “Kim Ji-young, Born 1982” von Cho Nam-joo an. Der Übersetzer Li Xia sagt, koreanische Literatur sei deshalb so beliebt in China, weil sie wichtige soziale Themen aufgreift. Beispiele hierfür sind „My Crazy Feminist Girlfriend“ von Min Ji-hyoung oder „Because I Hate Korea“ von Chang Kang-myoung. “ Aber es gibt noch einen zweiten Grund, warum koreanische Bücher boomen: „The popularity of K-dramas, K-pop and Korean movies has led to a growing interest in Korean literature,” sagt Sophia Bae, Doktorandin an der Peking University und China-Koordinatorin der Publication Industry Promotion Agency of Korea. Wurden 2021 lediglich neuen Romane ins Chinesische übersetzt, so waren es 2022 bereits 29. Und in den ersten drei Quartalen dies Jahren stieg die Zahl auf 37.

Info:

Hier der Artikel “What China is reading” in China Books Review: https://chinabooksreview.com/2023/11/28/what-china-is-reading/

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