WIRTSCHAFT I Huawei – stärker trotz oder wegen der Sanktionen?

Ende Februar rückte plötzlich ein Unternehmen in die Öffentlichkeit, von dem viele noch nie gehört hatten, geschweige seinen Namen aussprechen konnten: Nvidia. Das kalifornische Unternehmen, das hochwertige Chips vor allem für KI herstellt, meldete irre Umsatz- und Gewinnsprünge. Folgerichtig schnellten die Aktienkurse der Nividia-Aktie nach oben. In diesem Hype ging eine Botschaft unter, die in dem Annual Report von Nvidia versteckt war und nur Experten auffiel. Auf Seite 9 des 96seitigen Berichts an die SEC analysiert Nvidia die Konkurrenzsituation. Und siehe da: In vier von fünf Geschäftsfeldern taucht dort unter Wettbewerbern zum ersten Mal der Name Huawei auf. Schon Ende 2023 hat Nvidia-CEO Jensen Huang in Singapur Huawei als einen „formidablen Wettbewerber“ eingestuft.

Huawei? Ist das nicht der chinesische Konzern, den die USA seit Jahren sanktionieren, weil er – so der amerikanische Vorwurf – spioniert? Ja, es ist der Konzern, den die USA auf ihre Entity Liste gesetzt haben, womit er keine technologischen Vorprodukte mehr in den USA einkaufen darf. Dieses Huawei soll nun ernsthafter Konkurrent des Shooting-Stars Nividia sein? Wie kann das sein?

Ein Report des European Centre for International Political Economy (ECIPE) versucht darauf eine Antwort zu geben. In dem ECIPE Policy Brief 3/24 gehen die beiden Autoren Hosuk Lee-Makiyama und Robin Baker der Frage nach: „How Huawei Weathered the Storm: Resilience, Market Conditions, or Failed Sanctions?“ Sie beschreiben darin die „remarkable demonstration of resilience“ des Konzerns aus Shenzhen. Diese drückt sich vor allem in drei Punkten aus: Erstens habe Huawei seine Gewinne reinvestiert; Zweitens wurden die Aktivitäten in F+E (Forschung und Entwicklung) intensiviert; und drittens habe Huawei in neue Geschäftsfelder investiert. Obwohl Huawei traditionell hohen Forschungsaufwand betreibt, wurde der F+E-Etat nochmals erhöht.  2022 betrug er 161,5 Milliarden Yuan (über 20 Milliarden Euro). Das sind 25 Prozent vom Umsatz. Zum Vergleich: Dieser Anteil beträgt bei Alphabet zehn und bei Apple gar nur sieben Prozent. Und übrigens kämen nur vier Prozent des Forschungsbudgets vom Staat. Die Autoren urteilen deshalb: „Criticism of an overreliance on direct incentives appear unfair.“ Die wichtigste Ursache für die erstaunliche Widerstandsfähigkeit Huaweis ist aber die gelungene Diversifizierung. Obwohl das Consumer Business – sprich das Handygeschäft – durch die Sanktionen massiv eingebrochen ist, blüht ein anderer Geschäftsbereich – die Enterprise Busines Group – geradezu auf. Darunter fallen das Cloud Business, IoT (Internet of Things) sowie private Netzwerke. Der Umsatz der hochprofitablen Enterprise Business Group schnellte von 54,9 Milliarden Yuan (2017) auf 133,2 Milliarden Yuan (2022) nach oben. Und auch im Chip-Geschäft hat Huawie massiv aufgeholt. Als Huawei im vergangenen Herbst sein neues Handy Mate 60 vorstellte, staunte die Fachwelt, wie schnell die Chinesen die darin befindlichen hochwertigen Chips entwickelt hatten.

Es darf also durchaus die Frage gestellt werden, ob die Sanktionen nicht das Gegenteil bewirkt haben: Statt den Konzern zu schwächen, wurde dieser immer stärker.

Info:

Hier der Report des ECIPE:https://ecipe.org/wp-content/uploads/2024/02/ECI_24_PolicyBrief_03-2024_LY02.pdf

Hier das SEC-Filing von Nvidia: https://d18rn0p25nwr6d.cloudfront.net/CIK-0001045810/1cbe8fe7-e08a-46e3-8dcc-b429fc06c1a4.pdf

No Comments Yet

Comments are closed