GESELLSCHAFT I China ein Verbraucherparadies?

In der Online-Zeitung Asia Times tauchen seit ein paar Monaten immer wieder Artikel eines Han Feizi auf. Er fällt immer wieder durch originelle, relativ China-freundliche Artikel auf. So auch in der Ausgabe vom 1. April. Dort behauptet er gleich im ersten Satz: „China is now the greatest consumer paradise the world has ever known.“ Bevor ich mehr über diesen Autor Han Feizi schreibe, widme ich mich erst einmal seiner These vom vermeintlichen Verbraucherparadies China. Ist Han Feizi völlig abgehoben, dass er in solchen Sphären schwebt? Zunächst stellt er klar, dass das von ihm ausgelobte Paradies auf Erden nicht in ganz China verbreitet ist. Er beschränkt das Paradies auf die Städte, und auch nicht auf alle, sondern auf die sogenannten first-tier-cities (Beijing, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen), die neuen first-tier cities (Chengdu, Chongqing, Hangzhou, Wuhan, Nanjing, Tianjin, Suzhou, Xi’an, Changsha, Shenyang, Qingdao, Zhengzhou, Dalian, Dongguan und Ningbo). Dazu kommen fast alle second-tier-cities und „cool, quirky“ third-tier-cities wie Sanya, Lijiang oder Dali. In diesen Städten vermutet er das neue Paradies für Konsumenten. Vor allem im Dienstleistungssektor werde der Kunde als König behandelt. Er nennt als Bespiele E-Commerce-Plattformen, Friseure, Banken, Airlines – und Restaurants. Eine Restaurantkette dient ihm dabei als Vorbild: Haidilao. Sie ist eine sehr erfolgreiche Hot-Pot-Kette, die als sehr kundenfreundlich gilt, weil sie beispielsweise ihren wartenden Kunden allerlei – wir würden sagen – Schnickschnack anbietet, von Massagen bis zu Spielangeboten. Für Kinder gibt es Spielecken. Das Haidilao-Modell biete – so Han Feizi – „industrialized customer service scaled for the masses”, also individueller Service trotz Massenverkostung. Als Nachahmer sind ihm Friseure aufgefallen, die ihren Kunden auch Obst und Tee anbieten. Dass chinesische Dienstleister immer kundenfreundlicher geworden sind, erklärt er mit dem harten Wettbewerb, der in vielen Branchen herrscht. Zum Beispiel im E-Commerce. Da war lange Zeit Alibaba der Platzhirsch. Doch seit ein paar Jahren wurde Alibaba in seinem Revier erst von JD.com und später von Pinduoduo attackiert. Es findet zwischen diesen Giganten ein Service-Wettlauf statt. Der wird zudem angeheizt durch die Bewertungen, die die Kunden permanent abgeben. Extremen kundenfreundlichen Wettbewerb sieht er auch in der Hotellerie. Die Folge: „Expect free pickup to and from the airport, welcome drinks and a bottle of wine.” Viele sogenannte Boutique-Hotels seien in den vergangenen Jahren entstanden, die nichts mehr mit den betonklotzigen Hotels der Vergangenheit zu tun hätten. Überhaupt habe das Reisen in China einige Vorteile gegenüber Europa: „It is faster, cheaper, with more to see, better accomodations and zero safety concerns.“ Er schwärmt von vielen neuen Highways, über die man in fast jede Ecke des Landes komme. Wenn man will, auch mit dem Elektroauto, denn es gebe inzwischen über ein Million Ladestationen. Und jetzt zu der Frage: Wer verbirgt sich hinter Han Feizi? Es ist ein Pseudonym. Den richtigen Namen kennen nur wenige bei Asia Times, aber verraten wird er nicht. Nur so viel wird mitgeteilt: “Han Feizi is a Beijing-based financial industry veteran.”

Info:

Hier der Artikel in Asia Times über das Verbraucherparadies: https://asiatimes.com/2024/04/behold-chinas-consumer-paradise/

Und hier ein Artikel über die Diskussion um die Identität von Han Feizi: https://asiatimes.com/2024/01/who-is-the-mysterious-new-at-writer-han-feizi/

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