WIRTSCHAFT I Low-Altitude-Economy – eine neue Branche hebt ab

Eine ganz neue Branche entsteht derzeit in China: Low-Altitude-Economy. Dazu gehören alle Flugobjekte, die unter einer Höhe von 1000 Metern unterwegs sind. Das sind vor allem Drohnen oder eVTOLs. Das Kürzel steht für electrical vertical take-off and landing. Sie starten und landen wie Hubschrauber, sind aber viel kleiner. Die Vielfalt ist groß. Es gibt Zweisitzer, Viersitzer und auch schon Siebensitzer. Sie fliegen mit oder ohne Piloten. Die Geschwindigkeiten reichen von 1oo bis 300 Kilometern pro Stunde, und auch die maximalen Entfernungen variieren. Auf diese neuen Fluggeräte setzt auch die chinesische Führung. Zum ersten Mal wurde die Low-Altitude Economy im Februar 2021 in den National Development Plan aufgenommen. Auf der wichtigen Economic Working Conference (CEWC) im Dezember 2023 wurde sie dann als eine neue strategische Industrie eingestuft.

Chinas Führung sieht in der Low-Altitude-Economy gewaltiges Wachstumspotenzial und auch eine Technologie, mit der man andere Länder überholen kann. Schon jetzt ist die Bilanz beeindruckend. Nach Angaben der CAAC sollen Ende 2023 bereits 1,27 Millionen registrierte sogenannte UAVs (unmanned aerial vehicles) im Einsatz gewesen sein. Über 182 000 Lizenzen für Drohnenpiloten wurden vergeben. Und über 17 000 Unternehmen nutzen bereits Drohnen, darunter Essenslieferanten wie Meituan sowie nahezu alle führenden Logistikunternehmen – von SF Express über Cainiao (Alibabas Transport-Tochter) bis zur China Post. Die CAAC taxiert den Umsatz der jungen Branche auf rund 500 Milliarden Yuan (rund 65 Milliarden Euro). Doch bis 2026 soll sich diese Zahl verdoppeln und bis 2023 vervierfachen. Mit dem verstärkten Einsatz dieser meist elektrisch betriebenen Fluggeräte sollen auch Verkehrs- und Umweltprobleme gelöst werden. Durch die Verlagerung des Transports von den überfüllten Straßen in die Luft sollen viele chinesische Städte entlastet werden.

Zentrum dieser neuen Industrie ist die Provinz Guangdong, und dort sind es vor allem die beiden Städte Shenzhen und Guangzhou. Die High-Tech-Metropole Shenzhen ist die Drohnen-Hauptstadt Chinas – ja der ganzen Welt. Um den Weltmarktführer DJI hat sich ein nahezu einmaliges Cluster an Drohnenhersteller und -zulieferern gebildet. Rund 1500 Unternehmen zählt dieses Drohnen-Cluster bereits. Am 12. April wurde zwischen Shenzhen und dem 70 Kilometer entfernten Zhongshan ein regelmäßiger Drohnen-Transportverkehr eingerichtet. Für 40 Yuan (knapp 5,20 Euro) kann man hier zwischen 9 und 18 Uhr Pakete mit maximal 20 Kilogramm hin und her schicken.

Guangzhou – genauer der Stadtbezirk Nansha – wurde soeben von der allmächtigen National Development and Reform Commission (NDRC) als ein Zentrum für UAVs ausgewählt. Dort hat auch das Unternehmen EHang seinen Sitz. Es stellt den EH 216 her, einen zweisitzigen Minihubschrauber, der keinen Piloten benötigt. Mitte Oktober 2023 beham EHang von der CAAC die Zulassung für die EH 216 – mit gewissen Auflagen. Es war weltweit die erste Genehmigung eines solchen Fluggerätes. Firmenchef Hu Huazhi sprach deshalb von einem „bedeutenden Kapitel in der Geschichte der Luftfahrt“. Ihm und den Verkehrsplanern schwebt ein „Hundert-Linien-Plan“ vor, zunächst vor allem in der Greater Bay Area, wie die Region zwischen Hongkong und Guangzhou heißt. In diesem Gebiet, das so viele Einwohner wie ganz Frankreich hat, sollen die Lufttaxis verkehren und Passagiere von Vertiport zu Vertiport transportieren. So heißen die Start- und Landeplätze, die sich zum Beispiel auf Dächern von Gebäuden befinden. Wieviel der Spaß kostet, ist noch nicht klar. Hu Huahzhi sagt nur so viel: „Sie dürfen nicht nur ein Spielzeug für Reiche sein.“

Info:

Hier ein fünfminütiger (Werbe-)Film über den EH 216: https://www.youtube.com/watch?v=4HkqZeiZckY

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