Vor ein paar Wochen verließ Stephen Roach ziemlich frustriert Beijing. Der ehemalige Investmentbanker (JP Morgan) und jetzige Yale-Professor war sauer, weil er beim China Development Forum nicht reden durfte. Bei dem alljährlichen Treffen der Top-Manager aus aller Welt mit Chinas Führung war er stets dabei und durfte auch vortragen. Doch diesmal nicht. Roach, der lange Zeit sehr positiv über Chinas Wirtschaft schrieb und redete, hatte sich zuvor negativ geäußert. Über Hongkong, in dem er lange lebte, hat er sogar den Daumen gesenkt: „It’s over“. Kürzlich war nun der 78jährige Roach wieder zurück in Beijing – und durfte reden. Der Thinktank Center for China and Globalization (CCG) hatte ihn eingeladen. Am Nachmittag des 31. Mai präsentierte Roach seinen „Global economic outlook and implications for China“: Die Zeiten, als China die Lokomotive der globalen Wirtschaft war, seien vorbei. Das Wachstum der chinesischen Wirtschaft werde sich bis 2029 im Schnitt auf 3,8 Prozent jährlich einpendeln. Als Gründe nennt Roach kurzfristig die Immobilienkrise und langfristig das Demographie-Problem (die alternde Bevölkerung) und die sinkende Produktivitä der chinesischen Unternehmen. Roach vergleicht China mit dem Japan vor 30 Jahren, relativiert aber: „I am not saying that China is the next Japan, but there are clearly some worries and parallels.” Er erinnert daran, dass Japan fast 20 Jahre brauchte, um sein Immobilienproblem zu lösen. Das soeben verabschiedete chinesische Hilfspaket für den Immobiliensektor sei ein Schritt in die richtige Richtung, aber bei weiten nicht ausreichend. Um die Produktivität zu erhöhen, fordert er eine Stärkung des privaten Sektors und auch eine Reform der eher ineffizienten Staatsunternehmen. Um den privaten Konsum anzukurbeln, plädiert er für den Ausbau des sozialen Netzes, damit die Chinesen mehr Geld zum Ausgeben haben. Roach kritisierte aber nicht nur China, sondern auch die USA. Die jüngsten Handelssanktionen nennt er einen historischen Fehler. Sie seien “driven by election-years politics rather than strategic economic thinking”. Er sieht in den grünen Produkten made in China keine Gefahr. Im Gegenteil: “China producing low-cost clean-energy products that the world disparately needs.”
Info:
Hier die Rede von Stephen Roach und die anschließende Diskussion im Wortlaut: https://ccgupdate.substack.com/p/stephen-roach-on-global-economic
Hier das Video über die Veranstaltung: https://www.youtube.com/watch?v=EdqZkf-mTDk