TRINKEN I Ernüchternde Zahlen beim Moutai-Giganten

Wer jemals ein Bankett auf chinesische Staatskosten mitgemacht hat, kennt die Flasche, den Geruch und die Wirkung dieses Getränks mit dem Namen Feitian, englisch: Flying Fairy, deutsch: fliegende Fee. Sein Alkoholgehalt beträgt schwindelerregende 53 Prozent. Diese Zahl bleibt konstant, nicht aber eine andere Zahl: der Preis für eine Flasche Feitian. Er befindet sich in den vergangenen Monaten im freien Fall. Ende 2023 kostete die Flasche noch 2780 Yuan. Mitte Juni nur noch 2230 Yuan. Inzwischen liegt der Preis bei knapp über 2000 Yuan. Was sind die Gründe für den Preisverfall? Das Angebot ist größer als die Nachfrage. Die Nachfrage sinkt, weil viele Chinesen die Flasche Feitian nicht mehr als Geldanlage betrachten. Die Moutai-Flasche diente dem Genießer nicht nur als Objekt der Begierde, sondern dem Chinesen auch als Anlageobjekt – wie Gold oder Immobilien. Deshalb gibt es eine Korrelation der Moutai-Preise und der Immobilienpreise. Beide gehen in diesen Zeiten zurück. Zu diesem Nachfrageproblem gesellt sich ein strukturelles Problem: Junge Chinesen meiden diese traditionelle Spirituose. Laut einer Umfrage greifen nur 13 Prozent der jüngeren Generation zu einer Moutai-Flasche. Sie bevorzugen Bier, Wein oder andere Alkoholika. Kweichow Moutai, der Hersteller von Feitian, versucht diesem Trend mit neuen, moderneren Produkten entgegenzuwirken. Zum Beispiel durch ein Moutai-Eis. Aber diese Diversifizierungsversuche waren bislang wenig erfolgreich. Deshalb sinkt nicht nur der Preis des Moutai, sondern auch die Aktie des Herstellers Kweichow Moutai. Dieses hierzulande nahezu unbekannte Unternehmen ist der größte Spirituosenhersteller der Welt. 2017 verdrängte es den US-Hersteller Diageo (Marken unter anderem: Baileys, Black & White, Johnnie Walker, Hennessy und Smirnoff)) von der Spitzenposition. Und noch einen ersten Rang hatte Kweichow Moutai inne: Es war das wertvollste Unternehmen an der Börse in Shanghai – gemessen an der Marktkapitalisierung. Doch mit den Kursen sank logischerweise auch dieser Wert. So kam es Mitte Juni zum Wechsel an der Spitze: Mit einer Marktkapitalisierung von 254 Milliarden Dollar ist der Schnapshersteller nur noch die Nummer Zwei hinter dem neuen Spitzenreiter, der Bank ICBC.

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