WIRTSCHAFT I Das Luxusproblem der Luxushersteller

Am 10. August war dieses Jahr das Qixi Festival, das chinesische Pendant zum Valentinstag. Es findet nach dem chinesischen Kalender jedes Jahr am siebten Tag des siebten Monats statt. Viele westliche Hersteller von Luxuswaren setzen auf dieses Festival immer große Hoffnung, weil Chinesen sich an diesem Tag besonders spendierfreudig zeigen. Dieses Jahr war die Hoffnung besonders groß, denn vor allem die europäischen Firmen des Luxussektors leiden unter der sinkenden Nachfrage in China. Jahrelang haben sie sich – man kann es nicht anders sagen – in China dumm und dämlich verdient. Teure Kostüme, Anzüge, Uhren, Handtaschen und Autos waren fast Selbstläufer. Gucci, Louis Vuitton & Co. bauten in den vergangenen Jahren in Chinas Metropolen gigantische palastähnliche Filialen – und nicht nur eine, sondern gleich Dutzende. Und nun die Ernüchterung: „China has become a little bit complicated“, sagt Prada-Chef Andrea Guerra etwas untertreibend. Fast alle Luxushersteller melden für die ersten Monate des Jahres sinkende Umsatzzahlen: Burberry minus 20 Prozent, Swatch (unter anderem Blancpain, Longines, Omega) minus 14,4 Prozent, Richemont (unter anderem Cartier, Piaget, Chloé), minus 27 Prozent, LVMH (Louis Vuitton, Dior, Tiffany) minus 14 Prozent. Und auch die wenigen deutschen Hersteller nobler Produkte haben Probleme. Modehersteller Boss senkt seine Umsatzprognose für den chinesischen Markt für den Rest des Jahres, Porsche hat einen dramatischen Umsatzeinbruch und wechselt deshalb zum 1. September den China-Chef aus.

Es gibt mehrere Gründe für die Probleme der Luxushersteller. Da ist zum einen die schwache Nachfrage, die sich auch nach der Corona-Epidemie nicht erholt hat. Da sind die überzogenen Erwartungen der Hersteller, die munter weiter expandierten. Da sind die chinesischen Verbraucher, die wegen des schwachen Yens lieber in Japan shoppen gingen. Da ist eine zunehmende Neigung der Chinesen, heimische Waren zu kaufen, was sich in dem Guochao-Trend manifestiert. Und da ist ein gewisser politisch inspirierter „luxury shame“, seinen Reichtum zu zeigen.

Angesichts dieser Unwägbarkeiten fragt der Marketing-Experte Josh Gardner in einem Linkedin-Beitrag vom 30. Juli „Is China Killing Luxury Brands?” Und er liefert auch gleich die Antwort: „Yes, with ONE exception.“ Und die heißt Hermès. Warum das Unternehmen dem Trend trotzt, erklärt Gardner mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen: „extreme exclusivity, handmade craftmanship, prestigious investments, log waiting lists“. Und Hermès hat nach wie vor das beliebteste Objekt der weiblichen Begierde im Programm – die Birkin Handtaschen.

Die anderen Hersteller versuchen sich derweil in Zweckoptimismus, ändern aber teilweise ihre Strategie. Sie eröffnen nicht mehr noch einen und noch einen Shop in den Megastädten Beijing, Shanghai, Guangzhou oder Chengdu. Nein, sie gehen nun in „kleinere“ Städte. Balenciaga startet gerade einen neuen Store im Mei Mei Shopping Center in Urumqi, Bottega Veneta in Nanning und Chanel in Zhengzhou. Und Coach geht noch eine Etage tiefer und eröffnet Shops in Städten wie Baoji und Daqing.

Auch das Luxuskonglomerat LVMH, das rund ein Fünftel seines Umsatzes in China macht, hält nach Angaben ihres Chefs Bernard Arnault an China fest und will vor allem das Geschäft auf der Insel Hainan ausbauen, die sich zunehmend zu einem Duty-Free-Shopping-Paradies entwickelt.

Was allen Hoffnung macht, ist der Blick auf eine Statistik von Morgan Stanley. Danach gibt jeder Chinese nur 50 Dollar im Jahr für Luxuswaren aus. In den USA sind es 280 Dollar, in Südkorea gar 325 Dollar. Da ist also noch viel Luft nach oben.

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