WAN HUA ZHEN I Die Weisheit der Minderheit / Von Liu Zhengrong

Die beiden US-Professoren John Mearsheimer (University of Chicago) und Jeffrey Sachs (Columbia University) waren zusammen auf einer Bühne – eine Seltenheit. So geschah es in Los Angeles im Rahmen des All-in Summits. Hinter „All-in“ stehen einige amerikanische Tech-Investoren aus der Topliga, darunter David Sacks, Jason Calacanis, Dave Friedberg und Chamath Palihapitiya. Einige von ihnen gehören zum inneren Kreis von Elon Musk. Von daher war es auch keine Überraschung, dass dieser sich ebenfalls unter den Rednern befand, genauso wie Peter Thiel. 
Aber das spannendste Panel gehörte eindeutig den beiden Professoren. Was kann „spannend“ sein, wenn eine Gruppe von den Trump-Republikanern zugeneigten Tech-Strippenziehern über die Welt fabuliert und, in diesem speziellen Fall sich die US-China Rivalität erklären läßt? 
Erstens und am offensichtlichsten wohl deshalb, weil die Weichen der globalen Tech-Industrie unmittelbar und essenziell vom Verlauf der sino-amerikanischen Rivalität abhängig sind. Die Tech-Industrie wiederum definiert systematisch, Branche für Branche, das bewährte Geschäftsmodell gründlich neu. Dabei drückt sie etablierte Marktteilnehmer, darunter viele aus Deutschland, in der Wertschöpfung gnadenlos nach unten. Zur Wahrheit gehört in diesem Zusammenhang, dass Deutschland weitaus abhängiger von der amerikanischen Tech-Industrie ist als er von chinesischen. 
Zweitens, da die China-Politik der beiden politischen Lager in den Vereinigten Staaten sich nur in Nuancen unterscheidet – siehe „The Trumpification of American Policy“ in The Economist vom 12. Oktober – gewährt eine hockkarätige Konferenz wie der All-in Summit Einblick in die aktuellen Strömungen in der amerikanischen China-Debatte, unabhängig von der politischen Anhängerschaft der Veranstalter.   
Drittens, amerikanische Tech-Milliardäre haben großen Respekt vor akademischer Expertise! Das können Sie selbst sehen, wenn Sie unten den Link zu der Aufzeichnung anklicken.

Viertens, es schadet uns in Europa nicht, zuzuhören, wie amerikanische Politik seziert wird, unter Beteiligung von wissenschaftlichen Zeitzeugen.  
Schließlich fünftens, eine solche Debatte unterstreicht eine besondere Stärke der USA, welche trotz der besorgniserregenden gesellschaftlichen Polarisierung weiter eindrucksvoll gelebt wird: die vorbildliche Debattenkultur, die verblüffende Offenheit und Direktheit der Experten, gepaart mit der Selbstsicherheit, es so tun zu können, dazu ein breiter öffentlicher Raum für Minderheitsmeinungen. 
In der Minderheit stecken viele Weisheiten. An diesem Punkt ist die USA China weit voraus.

Info:

Hier die Diskussion von Mearsheimer und Sachs: https://youtu.be/uvFtyDy_Bt0?si=-4UqHdFLT1Qfn51x

*Hier erfahren Sie mehr, warum die Kolumne Wan Hua Zhen heißt und wer der Autor ist: https://www.chinahirn.de/2024/07/08/was-bedeutet-wan-hua-zhen-der-kolumnist-erklaert-und-stellt-sich-vor/

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