In der ersten Dezember-Woche wird Joe Biden kurz vor Ende seiner Amtszeit noch nach Angola reisen. In Afrika war er in seiner gesamten Amtszeit nicht, und im Südwesten des Kontinents war überhaupt noch nie ein US-Präsident. Warum jetzt? Das hat mit der geopolitischen Lage und der Rivalität mit China zu tun und mit dem Bedarf an Rohstoffen, die man zur Energiewende braucht. Im Kongo und in Sambia gibt es diese Rohstoffe – Kupfer, Lithium usw. Zur Verschiffung müssen diese jedoch mit der Bahn zu Häfen transportiert werden. Da der Kupfergürtel in der Mitte des südlichen Afrikas liegt, gibt es zwei Möglichkeiten: entweder Richtung Indischer Ozean oder Richtung Atlantik. Bislang wurden die Rohstoffe überwiegend mit der Bahn in den Hafen von Daressalam, der Hauptstadt Tansanias, transportiert, also Richtung Indischer Ozean. Diese berühmte, 1860 Kilometer lange Bahnlinie trägt den Namen TAZARA (Tanzania Zambia Railway). Sie wurde schon in den 70er Jahren mit Hilfe Chinas gebaut und galt damals als eines der Renommierprojekte chinesischer Entwicklungshilfe.
Es gibt aber auch eine Bahnlinie Richtung Atlantik, den sogenannten Lobito-Korridor. Lobito ist eine Hafenstadt in Angola. Das Schienennetz des Lobito-Korridors ist aber veraltet, braucht deshalb dringend eine Sanierung. Und damit kommen die USA und die EU ins Spiel. Sie wollen auf 800 Kilometer Länge neue Schienen verlegen sowie 35 neue Loks und 1500 neue Waggons kaufen. Über zwei Milliarden wollen die USA und EU dafür in die Hand nehmen. Das amerikanisch-europäische Engagement für die Bahnlinie im südlichen Afrika ist eine Antwort auf die Belt-and-Road-Initiative (BRI) der chinesischen Regierung. Beim G7-Gipfel 2022 in Elmau wurde die Partnership for Global Infrastructure and Investment (PGII) als Gegengewicht zur BRI beschlossen. Das Projekt Lobito-Korridor ist das erste große Projekt dieser westlichen Initiative.
Parallel zum Ausbau des Lobito-Korridors durch den Westen hat China beschlossen, die fast 50 Jahre alte TAZARA-Bahnlinie zu modernisieren und will dafür rund eine Milliarde Dollar investieren.
Also Lobito-Korridor versus TAZARA? Eduardo Castellet Nogués (Center for European Policy Analysis/CEPA) sieht das so in seine Analyse “Confronting the China Challenge in Africa: The Lobito Corridor”. Er sieht in dem Ausbau des Lobito -Korridors „a gigantic undertaking to counter China“.
“This framing is wrong”, schreibt Afrika-Experte Judd Devermont in einem Kommentar des Centre for Strategic and International Studies (CSIS): “The future of the Lobito and TAZARA is connection not competition. It realizes a pan-African goal for a transcontinental transport corridor, it reflects U.S. and Chinese contributions to both railways, and it promises to revive the region’s economic fortunes.“
Info:
Die CEPA-Analyse von Eduardo Castellet Nogués gibt es hier: https://cepa.org/article/confronting-the-china-challenge-in-africa-the-lobito-corridor/
Hier der CSIS-Kommentar von Judd Devermont: https://www.csis.org/analysis/two-railroads-one-vision