Knapp 1000 Personen stark war die chinesische Delegation bei der Weltklimakonferenz (auch COP29 genannt) in Baku. Angeführt wurde sie von Vizepremier Ding Xuexiang, Mit dabei auch Umweltminister Huang Runqiu und sein Stellvertreter Zhao Yingmin. Eher im Hintergrund agierte Liu Zhenmin, Chinas Sondergesandter für den Klimawandel. Er nahm als Nachfolger des legendären Xie Zhenhua zum ersten Mal an einer COP teil.
Gleich am zweiten Tag der Mega-Konferenz, am 12. November, sorgte die chinesische Delegation für eine Überraschung oder man kann auch sagen: für einen PR-Coup. Ding Xuexiang legte zum ersten Mal Zahlen vor, die Auskunft gaben, wie stark China Entwicklungsländer bei ihren Bemühungen gegen den Klimawandel unterstützt. 24,5 Milliarden Dollar stellte China ihnen seit 2016 zur Verfügung. Mit dieser Summe ist China auf Augenhöhe mit den führenden Geberländern des industriellen Westens. Für diese neue Offenheit erntete China viel Lob.
Aber in den Tagen danach stand China wieder in der Kritik – vor allem bei den westlichen Delegationen. Denn China weigerte sich hartnäckig, in den gigantischen Klimafonds New Collective Quantified Goal on Climate Finance (NCQG) einzuzahlen. China begründet seine Weigerung damit, dass es nach wie vor ein Entwicklungsland sei und diese Länder müssen sich nicht an der Finanzierung des NCQG beteiligen. Das ist formal alles richtig. China wurde 1992 von der UN der Status eines Entwicklungslandes zugesprochen. Das mag 1992 auch richtig gewesen sein, aber heute ist China die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Doch Chinas Führung, die sonst ja gerne große Zahlen verkündet, rechnet sich klein und verweist auf das Pro-Kopf-Einkommen, bei dem China auf Platz 75 in der Welt liegt. Immerhin hat sich aber die chinesische Delegation durchgerungen, sich auf freiwilliger Basis an dem letztendlich verabschiedeten 300-Milliarden-Dollar-Programmn zu beteiligen.
Die große Frage, die über der Konferenz schwebte, war: Wie wird sich China künftig in der Weltklimapolitik positionieren? Alle Welt geht ja davon aus, dass sich die zweite Trump-Regierung, wie schon die erste, aus der Klimapolitik verabschieden wird. Sie wird damit eine Lücke hinterlassen. Wird China sie füllen? Die Erwartungen sind da. So kommentiert zum Beispiel Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand Greenpeace Deutschland: „Die COP29 hat deutlich gezeigt, dass eine Führungsrolle im Klimaschutz notwendig ist. Aber die Millionen-Dollar-Frage ist, wie entschlossen China ist, seine Stärken im Bereich der sauberen Technologien in eine Führungsrolle umzuwandeln. Bis zur Weltklimakonferenz COP30 in Brasilien hat China das Potenzial, dem multilateralen Prozess neuen Schwung zu verleihen. Sollte China ausreichend ambitioniert sein, kann es eine Vorreiterrolle einnehmen und den Kampf gegen die Klimakrise aufnehmen.“
Das Ausscheiden der USA ist eine große Chance für China, sich neu zu positionieren und sich als verantwortungsvolle Macht zu profilieren. Belinda Schäpe, China Policy Analyst beim Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) in London, sagte in einem Interview mit Renewable Matter: „I think it will make much easier for China to kind of portray itself as the more responsible global power, as they like to say, and the new climate leader in the field.” Die Washington Post kommentiert: „China looks to step into global vacuum as Trump vows to pull U. S. back.” Es gibt Anzeichen, dass China diese Chance nutzen will. Wen Hua, Umweltexperte beim NDRC, ließ auf der Konferenz laut Carbon Brief durchblicken: “China is willing to take a more active role in global climate governance.“ Und Zhao Yingmin, der stellvertretende Umweltminister, verkündete ebenfalls laut Carbon Brief: „In the future, China will do our best to contribute more.“
Ein stärker engagiertes China könnte auch neue Koalitionen und Kooperationen eingehen. Bislang funktionierte die Achse China-USA in Sachen Klimapolitik trotz aller sonstiger Spannungen gut, was vor allem an den beiden Unterhändlern John Kerry und Xie Zhenhua lag, die sich sehr gut verstanden. Doch das ist nun Vergangenheit. Kommt es nun zu einer neuen Achse? Wird eine stärkere Kooperation zwischen China und der EU geben? Belinda Schäpe ist optimistisch: „The new Trump administration opens a window for more EU-China collaboration. I think Liu Zhenmin (der neue Klimabeauftragte) could play an interesting role in that.”
Info:
Hier eine gute Übersicht des Carbon Brief über die Rolle Chinas bei COP29: https://www.carbonbrief.org/cop29-key-outcomes-agreed-at-the-un-climate-talks-in-baku/
Interview mit Belinda Schäpe: https://www.renewablematter.eu/en/cop29-with-trumps-return-will-china-be-the-new-climate-hero