POLITIK I Wie Chinas Führung die Wirtschaft ankurbeln will

Keine Frage: China hat wirtschaftliche Probleme, auch wenn die Wirtschaft immer noch um die fünf Prozent wächst. Die Probleme – ob Immobilienkrise, hohe (lokale) Schulden oder Konsumzurückhaltung – leugnet auch Chinas Führung nicht. Doch tut sie genug dagegen? Da bestanden lange Zeit Zweifel. Immer wieder wurden Stimuli-Pakete gefordert, die die Wirtschaft, aber vor allem den Konsum ankurbeln sollten. Aber Chinas Führung zögerte. Doch nun scheint sich eine vorsichtige Wende anzubahnen.

In der zweiten Dezember-Woche fanden in Beijing zwei wichtige Sitzungen statt, die eine Wende vermuten lassen. Zuerst tagte am 9. Dezember das Politbüro der KP. Am 11./12. Dezember folgte dann die Central Economic Work Conference (CEWC), die traditionell im Dezember die wirtschaftspolitischen Leitlinien für das kommende Jahr diskutiert. An der CEWC nehmen nicht nur Parteikader, sondern auch Regierungsmitglieder sowie die Chefs von Staatsunternehmen teil.

Das Politbüro gab die Leitlinien vor, nämlich eine etwas lockerere Geld- sowie Fiskalpolitik. In der Parteisprache heißt das:  Die Geldpolitik wurde von „prudent“ (vorsichtig) auf „moderately loose“ (gemäßigt locker) umgestellt, die Fiskalpolitik von „pro-active“ auf „more pro-active“. Konkret heißt das: Die Zinsen könnten weiter gesenkt und die staatlichen Ausgaben erhöht werden. Beides könnte die Nachfrage erhöhen. Mit ihrer lockereren Fiskalpolitik verabschiedet sich Chinas Regierung von ihrem Drei-Prozent-Ziel, wonach das Haushaltsdefizit nicht mehr als drei Prozent vom Sozialprodukt betragen soll. Experten gehen davon aus, dass der Spielraum auf vier bis fünf Prozent erhöht werden könnte. Mehr Schulden kann sich Chinas Zentralregierung erlauben. Im internationalen Vergleich steht das Land relativ gut da. Die Schuldenquote (Anteil der Schulden am Sozialprodukt) liegt bei 67,5 Prozent. Zum Vergleich: In den USA liegt die Quote bei 118,7 Prozent und in Japan gar bei 249,7 Prozent.

Mit diesen geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen will die chinesische Führung endlich den Konsum ankurbeln. Dieses Ziel hat inzwischen oberste Priorität. Das zeigt sich auch im Maßnahmenkatalog, der nach der CEWC veröffentlicht wurde. Von den neun wichtigsten Aufgaben für das kommende Jahr steht an erster Stelle: „rigorously boosting consumption and expanding domestic demand on all fronts“. An zweiter Stelle folgt dann “Driving the development of high-quality productive forces through technological innovation.” Im vergangenen Jahr war die Reihenfolge an der Spitze noch umgekehrt. Wie der Konsum angeregt werden soll, bleibt allerdings relativ vage: “We will launch a special initiative to stimulate consumption, focusing on increasing incomes and reducing burdens for middle- and low-income groups to enhance their consumption capacity, willingness, and quality.” Konkret sollen die Grundrenten und die staatlichen Zuschüsse für die Krankenversicherung erhöht werden.

Neben diesen konsumfördernden Maßnahmen sind noch zwei weitere aus dem Neun-Punkte-Katalog der CEWC bemerkenswert. So will man unter Punkt zwei den „irrational market competition“ bekämpfen. Darunter wird der teilweise ruinöse Wettbewerb zwischen Kommunen, Provinzen und Unternehmen zum Beispiel in der Autobranche verstanden. Und unter Punkt drei wird eine Steuerreform angekündigt, die den lokalen Regierungen mehr finanziellen Spielraum geben soll.

Info:

Das von Eastisread übersetzte Readout der CEWC: https://www.eastisread.com/p/full-text-and-analysis-of-the-central?utm_source=post-email-title&publication_id=1151841&post_id=153017138&utm_campaign=email-post-title&isFreemail=true&r=1cv&triedRedirect=true&utm_medium=email

Das von Sinocism übersetzte Readout der Politbüro-Sitzung: https://sinocism.com/p/december-politburo-meeting-ahead

No Comments Yet

Comments are closed