FLIEGEN I Preise vor Neujahr im Sturzflug

Das Chinesische Neujahrsfest ist fast zu Ende. Hunderte von Millionen Chinesen waren wieder unterwegs –  mit Auto, Bahn und Flugzeug. Doch dieses Jahr konnte man beim Flugverkehr ein interessantes Phänomen feststellen: Die Ticketpreise fielen je näher das Neujahrsfest rückte. Bis vor kurzem hieß noch die Devise: Je früher die Buchung, desto besser. Und im Umkehrschluss: Je später, desto teurer die Tickets, wenn man überhaupt noch eines bekam. Doch dieses Jahr war es anders: Je länger man mit dem Ticketkauf wartete, desto günstiger wurden die Tickets – zum Teil wurden sie um bis zu 70 Prozent billiger. Stolze Spätbucher zeigten Screenshots ihrer Schnäppchen-Tickets in den sozialen Medien. Frustriert waren dagegen die Frühbucher. Auch sie meldeten sich Online, allerdings sehr verärgert. Eine Frau aus Nanjing berichtete, dass sie für einen einfachen Flug von Nanjing nach Sanya 1800 Yuan frühzeitig zahlte. Zehn Tage vor Abflug erfuhr sie, dass sogar ein Hin- und Rückflug weniger kostete. Die Airlines wurden für diese Preispolitik heftig kritisiert. Das starke Wort von „travel assassins“ (Reisemörder) machte die Runde. Das Wording war eine Anspielung auf den Ausdruck „ice cream assassin“, der im Sommer 2020 Furore machte und einen Eiskremhersteller wegen seiner exorbitanten Preise anprangerte. Was sind die Gründe für dieses neue Phänomen der fallenden Preise? Zum einen konkurrieren die Flugzeuge zunehmend mit den Hochgeschwindigkeitszügen, deren Netz immer weiter ausgebaut wird. Zudem buchen viele Chinesen nicht mehr so früh. Sie spekulieren auf die Preisreduzierungen, wenn die Airlines angesichts unausgelasteter Flugzeuge die Panik bekommen. Es ist ein bisschen Zocken wie an der Börse. Außerdem macht sich eine generelle Konsumzurückhaltung bemerkbar. Viele Chinesen achten mehr auf die Preise. Das zeigte sich dieses Jahr auch bei den Auslandsflügen rund um Neujahr. Nur zwischen 2,2 und 2,6 Millionen Chinesen flogen dieses Jahr ins Ausland. Vor der Pandemie waren es 6,7 Millionen. Und die, die ins Ausland flogen, blieben in der benachbarten Region. Vor allem Japan und Südkorea waren begehrt. Aber auch bei diesen Flügen war das Phänomen des Spätbuchens bemerkbar. „Three out of four travellers are booking trips less than a month in advance” sagte Subramania Bhatt, CEO von China Trading Desk, gegenüber der Wirtschaftszeitschrift Fortune.

Info:

Hier die Story über die fallenden Ticketpreise von Andrew Methven in seinem Newsletter Real Time Mandarin: https://www.realtimemandarin.com/p/flight-ticket-prices-tumble-ahead

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