POLITIK I Trump versus China – eine Bilanz der ersten Tage

Für Donald Trump gilt das ungeschriebene, nahezu weltweit gültige Gesetz der ersten 100 Tage nicht. Er braucht keine Schonfrist, keine Zeit zum Einarbeiten. Er legte gleich los, unterschrieb noch am Abend nach seiner Inauguration Dutzende von sogenannten Executive Orders. Und auch danach kam er nicht zur Ruhe, erließ weitere Executive Orders, kündigte in Interviews und Tweets weitere Entscheidungen an. Manche nimmt er ein paar Tage später wieder zurück. Es ist also etwas unübersichtlich, was der Mann im Weißen Haus so alles ausheckt. Außerdem ist nicht klar, welche Politik er und seine Regierung gegenüber China verfolgen. Trump selbst scheint – bislang jedenfalls – einen moderaten Kurs gegenüber China zu fahren. Er fand nach seiner Davos-Rede (23. Januar) in der Q&A-Session lobende Worte über Xi Jinping: „I like President Xi very much. I’ve always liked him.” Er sprach von „very good relations with China.“ Außerdem hofft er auf einen pompösen Besuch in China in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit, den er nicht durch allzu kritisiche Töne gefährden will. Seine Minister und Mitarbeiter schlagen freilich andere Töne gegenüber China an. Der neue CIA-Chef John Ratcliffe tischte wieder die alte unbewiesene These auf, dass die Covid-Epidemie in einem chinesischen Labor seinen Ursprung hatte. Sowohl Finanzminister Scott Bessent als auch Handelsminister Howard Lutnick kritisierten China scharf. Aber vor allem Außenminister Marco Rubio profiliert sich als Scharfmacher. Er verfolgt dabei im Gegensatz zum Unilateralisten Trump einen eher multilateralen Ansatz – vor allem im Indo-Pazifik. Bezeichnend ist die Liste seiner Gesprächspartner unmittelbar nach seinem Amtsantritt: Zuerst sprach er mit den Außenministern von Indien, Australien, Japan und den Philippinen.

Es ist also noch einiges im Unklaren, was Amerikas Beziehungen zu China anbetrifft. Gleichwohl war die Trump-Administration in den ersten Tagen schon sehr aktiv im Hinblick auf China. Hier ein Überblick:

TikTok: Die Aufregung um TikTok hat sich etwas gelegt, nachdem Trump gleich an seinem ersten Tag eine Executive Order unterschrieben hat, die dem chinesischen sozialen Netzwerk eine Frist von 75 Tagen einräumt. Ursprünglich sollte TikTok nach einem noch von der Biden-Regierung erlassenen Gesetz bis zum 19. Januar verkauft werden. Ein Blackout des Videoportals wurde jedoch in letzter Minute durch Trumps Intervention verhindert. Nun hat der chinesische ByteDance-Konzern 75 Tage  Zeit, einen (amerikanischen) Käufer oder Joint-Venture-Partner für seine amerikanische TikTok-Tochter zu finden. Wer dieser Käufer sein wird, ist nach wie vor unklar. Es gibt natürlich Gerüchte. Immer wieder wird X, das Unternehmen von Trump-Buddy Elon Musk, genanntm aber auch Oracle. Doch in den vergangenen Tagen tauchte eine andere Lösung auf. Mit einem seiner beliebten Executicve Orders initiierte Trump einen Sovereign Wealth Fund, also einen Staatsfond. Er könnte als Käufer oder Joint-Venture-Partner von TikTok in Frage kommen. 

Zölle: In einer weiteren Executive Order vom 1. Februar wird auf chinesische Waren ein zusätzlicher Zoll von zehn Prozent erhoben. Begründet wird dieser Schritt damit, dass China weiterhin zu wenig tut, um den Export von Fentanyl in die USA zu unterbinden. Fentanyl ist ein Schmerzmittel mit hohem Suchtpotenzial. China reagierte auf die seit dem 4. Februar geltenden Zollerhöhungen mit einem Paket an Gegenmaßnahmen, darunter höhere Zölle auf Kohle, Öl und agrarische Produkte sowie die Exportkontrolle von kritischen Rohstoffen wie Tungsten oder Molybdän. Experten klassifizieren das Paket als moderat und eher symbolisch.

Panama: In seiner Inaugurations-Rede erwähnte Trump China nur zweimal. Und beide Male im Zusammenhang mit Panama:  “And above all, China is operating the Panama Canal.  And we didn’t give it to China. We gave it to Panama, and we’re taking it back.” Wie das geschehen soll, ist noch unklar. Selbst eine militärische Lösung steht im Raum. Welche Bedeutung der Panama-Kanal für Trump hat, zeigt sich auch daran, dass das erste Reiseziel von Außenminister Marco Rubio nach Panama führte (siehe dazu die separate Story weiter unten).  

Taiwan: Am 27. Januar kündigte Trump an, „in the very near future“ Zölle auf im Ausland produzierte Halbleiter zu erheben. Da die meisten und vor allem die technologisch anspruchsvollsten Chips aus Taiwan importiert werden, wäre Taiwans Chip-Industrie am stärksten betroffen. Unklar ist noch die Höhe der Zollsätze. Zwar wird immer von 100 Prozent gesprochen, doch Trump hat sich offenbar noch nicht festgelegt. Er sagte nur, sie könnten 25, 50 oder 100 Prozent betragen.  Egal, wie hoch sie letztlich ausfallen, es wäre ein schwerer Schlag für die taiwanesische Wirtschaft, die sehr stark von der Chipindustrie abhängig ist.

Temu/Shein: Mit der Executive Order vom 1. Februar, die die zehnprozentige Zollerhöhung für Waren aus China beinhaltet, wurde auch die sogenannte De-minimis-Regelung für Waren aus China abgeschafft. Sie besagt, dass Waren bis zu einem maximalen Wert von 800 Dollar zollfrei in die USA eingeführt werden können. Diese Regel wurde ursprünglich eingeführt, um die Zollbehörden zu entlasten. Doch dieses Schlupfloch in den US-Markt nutzten vor allem die beiden chinesischen Onlinehändler Shein und Temu, die in den vergangenen Jahren enorm gewachsen sind. Nun müssen auf alle Pakete aus China Zölle gezahlt werden. Das wird die Preise erhöhen, die Lieferzeiten verlängern und den US-Zollbehörden viel Arbeit bescheren.

USAID: Von heute auf morgen hat die Trump-Administration die Gelder für USAID eingefroren. USAID steht für U.S. Agency for International Development und ist die größte Entwicklungshilfe-Organisation der Welt. 42 Prozent aller Hilfsgelder für humanitäre Zwecke stammen von USAID. Besonders in Afrika ist die Organisation aktiv. Ein Rückzug der USA ist nicht nur für viele Menschen vor Ort eine Katastrophe. Viele werden – das muss man so brutal sagen – sterben. Doch auch das Image der USA im Globalen Süden wird leiden. Für China ist der amerikanische Rückzug hingegen ein unverhofftes Geschenk: „The void in US aid is a gift for China in the battle for soft power“, schreibt Natasha Lindstaedt (Professorin an der University of Essex) in einem Betrag für Asia Times. China, ohnehin schon eng mit dem Globalen Süden verbandelt, wird deshalb dort weiter an Einfluß gewinnen.

Info:

Trumps Inaugurations-Rede: https://www.whitehouse.gov/remarks/2025/01/the-inaugural-address/

Trump-Rede und Q&A in Davos: https://www.whitehouse.gov/remarks/2025/01/remarks-by-president-trump-at-the-world-economic-forum/?utm_source=substack&utm_medium=email

Executive Order betreffend TikTok: https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/2025/01/application-of-protecting-americans-from-foreign-adversary-controlled-applications-act-to-tiktok/

Executive Order betreffend Zollerhöhung von 10 Prozent: https://www.whitehouse.gov/presidential-actions/2025/02/imposing-duties-to-address-the-synthetic-opioid-supply-chain-in-the-peoples-republic-of-china/

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