TRINKEN I Jörg Philipp und sein neues Buch „Der chinesische Weindrache“

Der ausgebildete Weinfachberater Jörg Philipp (58) pendelt zwischen seiner schwäbischen Heimat und seiner neuen Heimat China. Als er wieder mal in Stuttgart war, traf er dort im Weinbaumuseum, wo er gelegentlich arbeitet, auf ein Ehepaar, mit dem er sich länger unterhielt. Er outete sich als fachkundiger Kenner des chinesischen Weins. Das Ehepaar Petra und Uli Niethammer hörte gebannt zu, ehe sie sich wenig später als Inhaber eines kleinen Verlags in Ludwigsburg outeten. Am Ende des Gesprächs war eine Idee geboren – wir machen ein Buch über chinesischen Wein. Philipp schreibt es, Petra Niethammer verlegt es. Gesagt – getan: In den nächsten Tagen wird das Werk „Der chinesische Weindrache“ im Nikros Verlag erscheinen.

Anlass genug, um sich mit Autor Jörg Philipp zu unterhalten. Ich erreiche ihn per WeChat in Liuzhou in der Provinz Guangxi.

Dort wohnt der Bruder seiner Frau Wsana Woo, die er 2011 in Shanghai kennengelernt hat. Sie ist ebenfalls Weinkennerin und

schreibt für zwei große Weinpublikationen Chinas. „Wsana Woo und Jörg Philipp sind ein Wein-Paar“, heißt es denn auch folgerichtig auf der Homepage von Degustar, einem Beratungsunternehmen, das der studierte Agrarwissenschaftler Philipp bereits 2003 gegründet hat. Seit 2012 – also nach der Heirat mit Wsana Woo – hat diese Firma auch einen Ableger in China – Red Hat Degustar. Warum Red Hat? Philipp trägt meist einen roten Hut. Seine Freunde und Kunden in China nennen ihn deshalb xiao hong mao (kleiner roter Hut). Und Freunde in China hat Philipp inzwischen viele. Er kennt die Besitzer von Hunderten von Weingütern im Lande. In Ningxia, die Wein-Hochburg Chinas, kennt er fast alle Weingüter. Aber auch in den anderen Weinanbaugebieten war er unterwegs – vom Nordosten („dort gibt es Eiswein“) bis in den Süden ist er unterwegs. Er kann sich also ein Urteil über den chinesischen Wein erlauben. Und das fällt so aus: „Es gibt viele chinesische Weine, die bei den internationalen Wettbewerben gut abschneiden.“ Aber er schüttet auch gleich einen Wermutstropfen in diese Aussage: „Gute chinesische Weine sind extrem teuer. Und zwar aus zwei Gründen. Erstens sind auf Wein hohe Steuern, denn sie sind nach chinesischer Definition kein landwirtschaftliches Produkt. Und zweitens müssen viele Reben im Winter wegen der niedrigen Temperaturen vergraben werden –  in Ningxia herrschen über drei Monate Temperaturen von bis zu minus 20 Grad. Und Vergraben ist teuer.“  In seinem Buch – Untertitel: „Eine besondere Reise durch das Reich der Mitte“ – stellt Philipp die rund 40 wichtigsten und berühmtesten Weingüter Chinas vor, darunter auch die Ableger der französischen Luxuskonzerne wie die Domain Chandon von LVMH in Ningxia oder die Domaine de Long Dai der Domaines Barons de Rothschild Lafite im Qiu Shan Valley Shandong. Wein wird aber in China nicht nur produziert, sondern auch getrunken. Doch das Trinkverhalten habe sich verändert, sagt Philipp. „Als ich 2011 nach China kam, waren es goldene Zeiten für den Wein. Es wurde viel getrunken, der Preis spielte keine Rolle.“ Doch nach 2012 sei der Konsum deutlich zurückgegangen: „Grund war die Anti-Korruptionsbekämpfung von Xi Jinping, der den Wein von Banketts verdammte.“ Beim Weinkonsum konstatiert Philipp „einen extremen Riss quer durch die Generationen“. Simpel gesagt: die Alten trinken Wein, die Jungen nicht. Die Generation, die den Wandel seit den 80er Jahren mitgemacht hat, also die 40 bis 60jährigen, würde nach wie vor Wein trinken. Die jüngere Generation, die nach 2000 Geborenen, greife hingegen weniger zum Weinglas, obwohl diese Generation ja genussorientiert sei. Philipp: „Sie probieren einmal Wein und wenn er ihnen nicht schmeckt, ist für sie dieses Thema erledigt.“ Nach wie vor wird überwiegend Rotwein getrunken. Aber – so Philipp: „Weißwein würde besser zum chinesischen Essen passen.“

Hierzulande sind chinesische Weine nahezu unbekannt, ja viele wissen nicht einmal, dass in China Wein angebaut wird. Wer also mehr über diese unbekannte Seite Chinas erfahren will, dem sei dieses Buch empfohlen. Gerne zum Schmökern mit einem Glas chinesischem Wein. Philipp empfiehlt den auch hierzulande erhältlichen Wild Pony von der Kanaan Winery in Ningxia.

Info:

Jörg Philipp: Der chinesische Weindrache, Nikros Verlag, 144 Seiten, 24,80 Euro.

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