Ab dem 4. März werden – wie immer um diese Zeit – in Beijing zwei Versammlungen (liang hui, 两会) tagen. Meist wird in der westlichen Welt nur über den Nationalen Volkskongress (NVK) berichtet, der am 5. März beginnt. Die andere Versammlung, die schon einen Tag vorher startet, wird meist übergangen: Die Politische Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes (PKKCV, englisches Kürzel: PPCC). Ähnlich wie der Nationale Volkskongress („Scheinparlament“) wird im Westen auch die PKKCV als einflusslose Versammlung abgekanzelt. Aber stimmt das? Felix Wiebrecht, Assistenzprofessor für Politik an der University of Liverpool, hat sich als einer von wenigen Wissenschaftlern etwas intensiver mit der Konsultativkonferenz beschäftigt und widerspricht der Pauschalabwertung der PKKCV. Erst in einem Blog des SOAS in London, den er übertitelt “Taking Consultation in China Seriously: The People´s Political Consultative Conferences”. Und etwas ausführlicher dann in einem Beitrag für The China Quarterly.
Zunächst aber kurz zur Geschichte der Konsultativkonferenz: Sie hatte im September 1949 ihre erste Sitzung mit 662 Delegierten. Damals wurde die Gründung der Volksrepublik verkündet. Erst 1954 fand dann die erste Sitzung des Nationalen Volkskongresses statt. Die PKKCV rückte danach in die zweite Linie, wurde während der Kulturrevolution praktisch aufgelöst, ehe sie im Februar 1978 wieder tagte. In den Folgejahren fristete sie jedoch „ein Schattendasein“ (Sebastian Heilmann). Das stimmt so nicht mehr, schreibt Wiebrecht: „Studying provincial-level PPCCs for the past years has provided me with important insights about the delegates and their behaviour that may force us to update our prism on this institution.” Er geht zunächst auf die Zusammensetzung der PPCCs ein. Rund 70 Prozent der Delegierten seien Regierungsbeamte, Wissenschaftler und Entrepreneure. Rund 60 Prozent von ihnen sind KEINE Parteimitglieder. Die Delegierten können Vorschläge an die Regierung übermitteln, diese muss sie aber nicht umsetzen, jedoch müssen sich die Regierungsstellen damit auseinandersetzen und den betreffenden Delegierten antworten. Die Untersuchung von Wiebrecht ergab, dass die Vorschläge aus den Reihen der PPCCs in den vergangenen Jahren professioneller geworden sind. Es kamen zwar weniger Vorschläge, aber sie seien dafür qualitativ besser geworden. Und auch die Antworten der Regierung seien aus Sicht der Delegierten zufriedenstellender geworden. Die Chancen, dass die Vorschläge auch implementiert werden, seien gestiegen: „The proposals to be of higher quality are also more likely to be implemented.“
Info:
Hier die Kurzfassung von Wiebrechts Forschungsergebnisse: https://blogs.soas.ac.uk/china-institute/2025/02/06/taking-consultation-in-china-seriously/
Und hier die Langfassung in einem Artikel für The China Quarterly: https://www.cambridge.org/core/journals/china-quarterly/article/expertise-and-responsiveness-in-peoples-political-consultative-conferences/D7CA851411DBFD62640ECF2B65631DB6
Hier die englische Homepage der CPPCC: http://en.cppcc.gov.cn/