KULTUR I Der chinesische Blockbuster Ne Zha 2 und sein Macher

Ein chinesischer Film eilt von Rekord zu Rekord: Innerhalb von wenigen Tagen nach dem Start am 29. Januar ist Ne Zha 2 zum erfolgreichsten chinesischen Film aller Zeiten avanciert. Der Animationsfilm löste damit den bisherigen Spitzenreiter „The Battle at Lake Changjin“ aus dem Jahre 2019 ab. Inzwischen hat der Film bereits über eine Milliarde Dollar eingespielt. Und damit ist Ne Zha 2 der erste Film, der nicht in Hollywood produziert wurde und die Eine-Milliarde-Dollar-Grenze überschritten hat. Warum ist dieser Film so mega-erfolgreich? In einem Leitartikel in der South China Morning Post steht meines Erachtens die beste Erklärung: „It is a marriage between tradition and new technology.“  Basis des Films ist ein Roman aus dem 16. Jahrhundert: Fêng shên yên i (封神演義, englisch: Investiture of the Gods, deutsch: die Metamorphosen der Götter). Die Nachrichtenagentur dpa fasst die Handlung so zusammen: „Der Junge Ne Zha wird mit dämonischen Kräften geboren. Seine Eltern lieben ihn und wollen ihn beschützen, doch die Gesellschaft lehnt ihn ab und fürchtet ihn. Trotzdem ist Ne Zha nicht von Natur aus böse. Er kämpft mit seinem inneren Konflikt und versucht, sich als Held zu beweisen.“

Was die Elternliebe anbetrifft, gibt es durchaus Parallelen mit dem realen Leben des Regisseurs des Films. Er heißt Jiao Zi (饺子, Dumpling, also Teigtasche). Das ist freilich sein Pseudonym. Yang Yu ist der richtige Name des 45jährigen Filmemachers. Er wuchs in Luzhou in der Provinz Sichuan auf.  Seine Eltern waren Ärzte. So war es fast vorgezeichnet, dass er Pharmazie studierte, und zwar am Huaxi Medical College in Chengdu. Doch dieses Studiums interessierte ihn wenig, umso mehr dagegen das Genre des Animationsfilms. Er schmiss das Studium hin und versuchte sich im Selbststudium Tricks und Kniffe des Animationfilms mit Hilfe der Software Maya beizubringen. Während dieser Zeit lag er fast vier Jahre lang zuhause seinen Eltern auf der Tasche. Er verdiente nichts, die Familie lebte von der Pension der Mutter, die gerade mal 1000 Yuan (132 Euro) betrug. Heute noch ist er seiner inzwischen verstorbenen Mutter zutiefst dankbar: „My mother knew that I wasn´t flashy but a hardworking person. She trusted me”, zitiert ihn die South China Morning Post aus einem Interview mit dem Staatssender CCTV. 2009 gelang ihm eine Art Durchbruch mit dem 16-minütigen Kurzfilm „See Through“, der auf nationalen und internationalen Filmfestivals ausgezeichnet wurde.  Danach konnte er sein eigenes Animationsstudio Jiaokeli in Chengdu gründen und ein gigantisches Projekt in Angriff nehmen – die Verfilmung der Geschichte von Ne Zha. Mehrere Jahre nahm er sich dafür Zeit. Über 60 Animationsstudios waren beteiligt. Im Juli 2019 kam der Streifen in die Kinos – und wurde ein Riesenerfolg. Mit einem Budget von 60 Millionen Yuan erspielte der Film über fünf Milliarden Yuan. Das war der finale Durchbruch für Jiao Zi und ermutigte ihn, eine Fortsetzung zu drehen – Ne Zha 2.  Hierfür betrieb Jiao Zi, der ein nerviger Perfektionist ist, noch mehr Aufwand. Über 4000 Personen arbeiteten über einen Zeitraum von fünf Jahren an dem Film. Viele chinesische Studios waren beteiligt, wobei Chengdu das Zentrum war.  Mit ausländischen Studios machte er negative Erfahrungen. Sie seien arrogant und hätten Vorurteile.

Mit seinem Riesenerfolg hat er bewiesen, dass China mit Disney und Hollywood mithalten kann. Entsprechend euphorisch ist die Stimmung in den Medien. Interessant wird sein, wie der Film im Ausland aufgenommen wird. In Australien und Neuseeland startete er am 13. Februar, in den USA und Kanada einen Tag später. In diesen Ländern strömen bislang vor allem die Mitglieder der Chinese Community in die Kinos. Für Westeuropa sind noch keine Starttermine bekannt.

Info:

Hier der Kurzfilm „See Through“ aus dem Jahre 2009, mit dem Jiao Zi bekannt wurde: https://www.youtube.com/watch?v=07kcyoKAeto

Hier der internationale Trailer von Ne Zha 2: https://www.youtube.com/watch?v=nsXQijb0F4I

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