Wan Hua Zhen verweist in dieser Ausgabe auf zwei historische Dokumente: die Abschrift des Gesprächs zwischen dem Vorsitzenden Mao Zedong und dem US-Präsidenten Richard Nixon am 21. Februar 1972 sowie die Abschrift des Gesprächs am Tag darauf zwischen Premier Zhou Enlai und Richard Nixon. Am 27. Februar 1972 wurde dann das “Joint Communiqué between the United States and China”, auch “Shanghai Communiqué” genannt, veröffentlicht. Mit diesem Dokumenten wurde der Grundstein zur Normalisierung der chinesisch-amerikanischen Beziehung gelegt. Die Abschriften beider Gespräche sind in den Vereinigten Staaten schon vor Jahren für die Öffentlichkeit freigegeben worden. Ihr Kolumnist fand sie in dem digitalen Archiv des Wilson Centers.
Für das Geschichtsverständnis sind Abschriften noch besser als die Memoiren, weil sie unverfälscht wiedergeben können, was einst – live – gesagt wurde. Die inhaltliche Würdigung und Interpretation überließen sie der mündigen Leserschaft. Beide Dokumente führen uns eindrücklich vor Augen, wie „Geopolitik“, „Balance of Power“, „Großmächtediplomatie“ sowie „Einkreisung und Eindämmung (containment)“ sich real abspielte. All diese Begriffe sind wieder allgegenwärtig.
Nachdem USA und Russland sich wieder an einem Tisch gesetzt haben, wurden schnell direkte Vergleiche zwischen damals und heute gezogen. The Economist griff das Thema Anfang März auf: „Eine gängige Theorie besagt, dass Trump Russland deswegen umwirbt, um es aus den Armen Chinas zu befreien, also der Supermacht, die Amerikas größter Rivale ist. Manche nennen das einen umgekehrten Kissinger (reverse Kissinger)“. Das Magazin findet aber diesen Vergleich nicht passend: „No, Donald Trump’s Putin-wooing is not like Nixon going to China.”
Nun, die Episoden der Geopolitik sind nur schwer mit einem Ja oder Nein zu bewerten. Wan Hua Zhen möchte den interessierten Lesern deshalb empfehlen, selbst das Original zu lesen. Auch Europa und Taiwan tauchten in den beiden Gesprächen vor mehr als 50 Jahren recht prominent auf. Man ist erstaunt darüber, wie manche Sätze von damals immer noch aktuell klingen.
Übrigens: Die Menschen, die damals eher als Randnotizen erschienen waren, hatten selbst filmreife Biografien. Das betrifft vor allem die beiden Übersetzerinnen, Tang Wensheng (geboren 1943 in Brooklyn, New York) und Wang Hairong (1938 – 2017), deren Vorname im Protokoll des Weißen Hauses falsch geschrieben wurde.
Frau Tang war auch Gegenstand eines kurzen, eher witzigen Dialogs. Kissinger sagte: “Miss Tang is eligible to be president of the United States.” Nixon pflichtete ihm bei: “She would be the first woman President. There’s our candidate.” Darauf Mao: “It would be very dangerous if you have such a candidate.”
Geopolitik vertrug damals offenbar auch Scherze zwischen Klassenfeinden. Man wünscht sich sehr, dass es so auch heute noch möglich wäre.
Info:
Memorandum of Conversation zwischen Chairman Mao Zedong und President Richard Nixon (21. Februar 1972):
https://digitalarchive.wilsoncenter.org/document/93810/download
Memorandum of Conversation zwischen Richard Nixon und Zhou Enlai (22. Februar 1972):
https://digitalarchive.wilsoncenter.org/document/96578/download