Kaum hat die westliche, d.h. vor allem die amerikanische Welt den (Sputnik-)Schock von DeepSeek verdaut, folgte Anfang März schon der nächste: Am 6. März wurde Manus präsentiert – der erste vollständig autonome KI-Agent. Was ist das? Ein KI-Agent ist mehr als nur ein ChatBot oder ein Sprachmodell. Nein, er kann ihm gestellte Aufgaben von Anfang bis Ende selbständig ausführen. Er kann zum Beispiel selbst Websites kreieren, er kann Trends am Aktienmarkt analysieren, er kann Lehrmaterialien für den Unterricht entwickeln, und er kann personalisierte Reisepläne erstellen. Und das macht er alles im asynchronen Betrieb: Die Nutzer können ihre Geräte ausschalten, während Manus in der Cloud weiterarbeitet und die Ergebnisse bereitstellt.
Der Auftritt von Manus kam für viele überraschend – vor allem in den USA. Craig S. Smith fragt in der amerikanischen Wirtschaftszeitschrift Forbes: „How did China produce something that Silicon Valley had only theoretized about?“ Er sieht in Manus “a new category of intelligence shifting the focus from passive assistance to self-directed action.” Für Smith hat damit die Ära der autonomen KI-Agenten begonnen, und China sei – sagt er mit einem bedauerlichen Unterton – an der Spitze dieser Bewegung. Mit Manus könnte sich das Kräfteverhältnis der beiden KI-Giganten China und USA zugunsten der Chinesen verschieben. Es gibt freilich auch relativierende Stimmen, wie zum Beispiel von den KI-Experten Yuan Gan und Robert Wu im Newsletter Baiguan. Sie schreiben dort: „Manus is not a marketing gimmick nor a fundamental technological revolution, it represents a breakthrough at the product level.”
Geschaffen wurde Manus von dem chinesischen Unternehmen Monica. Die Köpfe dahinter sind CEO Xiao Hong (32) und Chief Scientist Ji Jichao (33). Xiao studierte an der Huazhong University of Science & Technology in Wuhan, und war nach eigenen Angaben ein eher mittelmäßiger Student, was ihn nach Abschluss nicht daran hinderte, eine Karriere als Serial Entrepreneur zu starten, darunter eben auch die Gründung von Monica. Sein Kompagnon Ji verließ bereits mit 17 Jahre die Schule und entwickelte den Mammouth Browser. 2022 fing er bei Monica an. Anders als DeepSeek-Gründern Liang Wenfeng sind die beiden Macher von Manus sehr offen. Von Xiao Hong gibt es mehrere Interviews, die China Talk ausgewertet hat. In einem dieser Interviews philosophierte Xiao über Vorteil und Segen eines KI-Agenten: „Sitting and working for eight or more hours a day is an anamoly. If AI can take over their tasks, then people can work fewer hours and go back to living more like they did in the past – focusing more on spiritual and cultural enrichment while also taking better care of their physical health.” Der KI-Agent also als Befreier der Menschheit von Routinearbeiten – und das weltweit?
Xiao sagt: „I believe China´s entrepreneurs of today should be more aggressive in globalizing.” Er geht deshalb mit gutem Beispiel voran. Die Webseite von Manus gibt es bereits in mehreren Sprachen, darunter auch in Deutsch. Dort gibt es auch ein Video zu sehen, wie Manus funktioniert. Noch kann nicht jeder Manus benutzen. Zugang bekamen bislang nur ausgewählte Techfreaks und Influencer. Doch das soll sich ändern. In naher Zukunft soll jeder den KI-Agenten Manus nutzen können – und das kostenlos.
Info:
Hier eine Übersicht über Manus und seine Gründer in ChinaTalk: https://www.chinatalk.media/p/manus-chinas-latest-ai-sensation
Die Webseite von Manus gibt es auch in Deutsch: https://manus.im/
Und hier der Artikel von Yuan Gan und Robert Wu in Baiguan: https://www.baiguan.news/p/is-manus-a-technological-breakthrough-deepseek-ai-china-llm?utm_source=post-email-title&publication_id=1455037&post_id=158819998&utm_campaign=email-post-title&isFreemail=true&r=1cv&triedRedirect=true&utm_medium=email