Die Herren Jeff Bezos (Amazon), Tim Cook (Apple), Sundar Pichai (Alphabet/Google) und Mark Zuckerberg (Facebook) bevorzugen eigentlich legere Kleidung. Aber dieses Mal erschienen sie in dunklen Anzügen und Krawatten auf den Bildschirmen, die live in den US Congress zugeschaltet waren. Die Abgeordneten hatten zum Hearing über die Macht der Techno-Giganten geladen. Rund vier Stunden waren schon rum, da kam das Thema China auf. In schneidigem Ton fragte der republikanische Abgeordnete Greg Steube: „Do you believe that the Chinese government steals technology from US companies?”
Tim Cook: „I don’t know of specific cases where we have been stolen from by the government. I know of no case [of] ours where it occurred … I can only speak to firsthand knowledge.”
Sundar Pichai: “I have no firsthand knowledge of any information stolen from Google in this regard.”
Jeff Bezos: “I heard many reports of that, but I haven’t seen it personally.”
Und dann war Mark Zuckerberg dran: „I think it’s well documented that the Chinese government steals technology from American companies.”
Zuckerberg war also der einzige aus dem Quartett, der China des Technologieklaus bezichtigte. Beweise musste er nicht vorbringen.
War das derselbe Zuckerberg, der vor Jahren Lobeshymnen über China hielt und sich bei Chinas Mächtigen anbiederte?
Hier ein Auszug aus Zuckerbergs Liebesdienereien und Süssholzraspeleien:
- An der Tsinghua Universität hielt er im Oktober 2014 eine Rede in Mandarin; er lobte „die großen chinesischen Unternehmen wie Alibaba oder Xiaomi“ und allgemein die Innovationsfähigkeit des Landes.
- Bei einem Besuch von Lu Wei, dem obersten Internetzensor, in Zuckerbergs Büro lag demonstrativ das Werk „The Governance of China“ von Xi Jinping auf seinem Schreibtisch. Er habe das Buch auch seinen Mitarbeitern empfohlen, sagte er;
- Als er dann später bei einem Dinner im Weißen Haus Xi Jinping leibhaftig begegnete, bat er Xi um einen Namen für sein erstes Kind, was eine hohe Ehre ist. Aber das war selbst Xi zu viel, er lehnte dankend ab;
- Als das Kind, das dann Maxima genannt wurde, ein paar Monate alt war, posierte Zuckerberg mit ihm und Ehefrau Priscilla Chan (die aus einer chinesisch-vietnamesischen Familie entstammt) in einem Video zum chinesischen Neujahrsfest und wünschte den Chinesen in Mandarin alles Gute.
Doch irgendwann nach all diesen Anbiederungen musste die Stimmung bei Zuckerberg gekippt sein. Aus dem süßen Zuckerberg wurde ein saurer.
Er sah, dass wohl all das Antichambrieren ihm nicht zu dem erhofften Eintritt auf dem abgeschotteten chinesischen Internetmarkt verhalf. Hinzu kam: Die Chinesen machten ihm immer mehr Konkurrenz. Seine Pläne mit seiner globalen digitalen Libra-Währung konterten die Chinesen mit eigenen Planspielen einer digitalen Währung. Außerdem attackierte das chinesische WeChat sein WhatsApp – und dann war da noch TikTok. Vergeblich versuchte Zuckerberg mit Lasso einen TikTok-Clone auf den Markt zu bringen. Das Original war einfach besser und in den USA viel erfolgreicher.
Zuckerberg begann daraufhin mit dem Lobbying in eigener Sache. Er sprach mit mehreren Senatoren und beklagte sich bei ihnen über die böse chinesische Konkurrenz. Bei einem Dinner mit Donald Trump – so berichtete das Wall Street Journal – trug er ebenfalls seine Bedenken vor und stieß auf offene Ohren. Der Rest ist bekannt: Trump ordnete per Dekret an, dass TikTok aus dem US-Markt verbannt wird oder es an einen oder mehrere US-Konzerne verkauft. Die Verhandlungen laufen derzeit.
Info:
Zuckerbergs Tsinghua-Rede: https://www.facebook.com/zuck/videos/10102438940151181/
Zuckerbergs Neujahrsansprache: https://www.facebook.com/zuck/videos/10102638915613751/?t=73