Liuzhou ist eine Stadt im Süden China, in der Provinz Guangxi. Durch die Drei-Millionen-Stadt windet sich in einer großen Schleife der Fluss Liu. An seinen Ufern tummelt sich etwas Seltenes: Flussschnecken. In der Gubu Straße der Stadt tummeln sich die Händler, die die Schnecken verkaufen. Dort gab es die Schnecken auch gebraten oder in der Suppe als kleiner Snack. In den 70er Jahren kombinierten Händler auf dem Nachtmarkt der Gubu Straße die Schneckensuppe mit Reisnudeln – und eine neue Delikatesse war geboren: Luosifen, die Flussschneckensuppe. Ihre Bekanntheit beschränkte sich aber lange Zeit auf Liuzhou und Umgebung.
Doch 2012 wurde sie plötzlich landesweit berühmt. Damals hatte die Suppe den großen Auftritt in der TV-Dokumentationsserie A Bite of China in CCTV-1. Gleich in der ersten Episode dieser enorm populären und sehr gut gemachten Serie wurden unter anderem Luosifen aufgetischt. “The recommendation of A Bite of China made the popularity of the noodles spread across China. There are specialist restaurants in Beijing, Shanghai, Guangzhou and even Hong Kong, Macau and Los Angeles in the US,” sagt Ni Diaoyang, Liuzhou Luosifen Association Chief, gegenüber der South China Morning Post.
Sofort witterten – wir sind ja in China – die Händler ein Geschäft. Die ersten Produktionsstätten für Instant-Luosifen entstanden. Und es ging nicht im Schneckentempo weiter. Im Gegenteil: Es enstanden immer mehr Fabriken. 2017 wurden Suppen im Wert von drei Milliarden Yuan verkauft, fast ausschließlich über den Online-Handel. Im vergangenen Jahr waren die Nudeln sogar bei Taobao der Bestseller bei den Food Produkten. Inzwischen werden täglich 2,5 Millionen Suppenpackungen produziert. Bald wird die Zehn-Milliarden-Yuan-Umsatzgrenze überschritten. In Corona-Zeiten waren die Nudeln ein Hit, so dass sogar Nachschubprobleme auftraten.
Dabei sind die Nudeln nicht jedermanns Geschmack. Sie haben einen stechenden Geruch. Böse Zungen vergleichen sie gar mit der Durian-Frucht. Der gewöhnungsbedürftige Geruch soll von den eingelegten Bambussprossen stammen, die sehr populär in der Provinz Guangxi sind. Jede Hausfrau hat da ihr eigenes, traditionelles Rezept. Mit diesen Bambussprossen, Erdnüssen, grünen Bohnen und/oder anderem grünen Gemüse, Wolkenohrpilzen sowie Tofu wird die Nudelsuppe serviert. Die Brühe selbst wird stundenlang gekocht. Darin schwimmen die Schnecken, die sich aber im Laufe des Kochens auflösen, Fleischknochen und diverse Gewürze wie zum Beispiel Zimt, Kardamom, Anis, Fenchelsamen.
Inzwischen gibt es mehr als 8000 Restaurants in China, die auf diese Nudeln spezialisiert sind. In Deutschland habe ich sie noch nirgends auf der Speisekarte gesehen. Auch in meinem Asia-Laden werden sie nicht geführt.
Bei Alibaba könnte ich sie allerdings bestellen. Doch die Mindestbestellmenge beträgt 100 Stück. Das ist mir zu heiß. Es könnte ja sein, dass sie mir nicht schmecken.
Info:
In diesem Video zeigt eine Chinesin in Berlin wie man Luosifen zubereitet: https://www.youtube.com/watch?v=MvksRGSPseAuppen.