STUDIE I Schottet sich China ab?

Im April 2020 verkündete Xi Jinping eine neue Wirtschaftsdoktrin mit dem Namen „Dual Circulation Strategy“ (DCS), die Zwei-Kreislauf-Theorie. Der erste Kreislauf zirkuliert durch den Binnenmarkt. Den will China künftig stärken. Der inländische Konsum soll gesteigert werden, ebenso die Innovationen im Lande. Der zweite Kreislauf betrifft das Ausland. Mit ihm ist China durch Handel und Investitionen verbunden. Dieser zweite Kreislauf soll optimiert werden. Aber wie ist diese neue Theorie zu interpretieren? Unter westlichen Politikern wie Managern ging die Sorge um: Schottet sich China jetzt ab? Ist es gar auf dem Weg zur Autarkie? Die Studie des Mercator Instituts for China Studies (Merics) mit dem Titel „Course Correction“ beruhigt die aufgebrachten Gemüter: „China remains connected to the global economy to achieve its goals of becoming a modern, technologically advanced, and prosperous country.” Wegen der US-Sanktionen versuche sich China unabhängiger von Importen zu machen, aber das bedeute nicht, dass sich China abschotte. Ausländische Investments seien in gewissen Industrien weiterhin erwünscht bzw. sogar notwendig. Zum Beispiel in „non-sensitive industries“. Darunter verstehen die Merics-Autoren Alexander Brown, Jacob Gunter und Max J. Zenglein die Konsumgüter – aber auch die Autoindustrie. Auch die Chemieindustrie sei weiterhin willkommen. Sie verweisen auf das große Investment der BASAF im Süden des Landes, bei dem sogar der Joint-Venture-Zwang aufgehoben wurde. Und China wird weiterhin solche Technologien ins Land lassen, bei denen sie selbst noch nicht so weit sind. Bestes Beispiel: Die Zulieferindustrie im Flugzeugbau. China baut ja gerade den Passagierjet C919, der dem Airbus 320 und der Boeing 737 Konkurrenz machen soll. Ohne westliche Zulieferungen – allen voran die Triebwerke – würde der C919 nicht abheben. Es gibt also unter der „Dual Circulation Strategy“ noch genug Chancen für ausländische Firmen, aber – und das ist ein weiteres Fazit der Merics-Studie – diese müssen sich mehr dem chinesischen Markt anpassen: „Foreign operations becoming more like a local Chinese entity.“  Auf gut Deutsch: Die chinesischen Tochterfirmen müssen sich vom deutschen Mutterhaus zunehmend emanzipieren.

Info:

Die Merics-Studie „Course Correction“ gibt es hier:

https://merics.org/sites/default/files/2021-10/MERICS-ChinaMonitor_Globalization_2021-10-13.pdf

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