OLD CHINA HAND I Heinrich Kriwet – Veranstalter, Reiseführer und Visumbeschaffer

China Hands wurden im 19. Jahrhundert die wenigen Ausländer genannt, die sich in China auskannten, dessen Sprache und Kultur verstanden- oder zumindest so taten. Später wurden daraus Old China Hands, Leute mit 20 oder von mehr Jahren Erfahrung im Reich der Mitte. Es gibt aber auch zunehmend junge Leute, die sich intensiv mit China beschäftigen, die aber oft nicht zu Wort kommen. Deshalb werde ich neben Old China Hands auch Young China Hands vorstellen – auch wenn Letzteres per definitionem ein Widerspruch ist. Heute wird eine Old China Hand vorgestellt: Heinrich Kriwet (63).

Mit rund 70 Personen wollte das Fußballteam des Bundeligisten VfL Wolfsburg nach China reisen. Das bedeutete aber auch 70 Visa, und zwar für Personen aus aller Herren Länder. Klar, das ist ein Fall für Heinrich Kriwet in Berlin. Er blitzte bei der Visastelle erst mal ab. Aber er wusste, dass Xi Jinping sich Monate zuvor mit den Spielern des Vereins vor dem offiziellen Programm im Berliner Olympiastadion zu einem morgendlichen Kick getroffen hatte. Also Anruf in Wolfsburg: Habt ihr davon Fotos? Sie hatten. Mit diesen tauchte er wieder bei der Visa-Stelle auf.  Ein Blick darauf veränderte dort die Haltung. In wenigen Tagen bekam er die Visa. Kriwet organisiert Visa und abenteuerliche Reisen nach und in China, weil er selbst ein Abenteurer ist. Wie kam ein Bauernsohn aus der tiefsten ostwestfälischen Provinz in die große, weite Welt? Er antwortet mit einem Ausflug in seine Jugend. Der Vater wollte, dass der Sohn den Hof übernimmt. Die Lehrerin sagte: Der Junge muss aufs Gymnasium. Sie setzte sich durch. Dort lernte er Latein und Alt-Griechisch. „Das machte mir Spaß“, sagt er. Nach dem Abi beschloss er, sich eine weitere Sprache anzueignen, und zwar möglichst eine, die in einer sehr fremden Welt gesprochen wird. Chinesisch passte in dieses Raster. In Göttingen begann er sein Sinologie-Studium. Nach der Zwischenprüfung ging er nach Taiwan, verdiente sich sein Studium mit Nebenjobs als Englischlehrer, als Schauspieler (er mimte eine Rolle als Chef einer Rauschgiftbande), als Werbefigur für Sunkist und als legaler Schmuggler von Heilkräutern aus der Volksrepublik nach Taiwan. Nach eineinhalb Jahren fuhr er via Beijing mit dem Zug zurück nach Deutschland, um – so der Plan – in Göttingen weiter zu studieren. „Dort fiel mir die Decke auf den Kopf.“ Er bewarb sich bei Reiseveranstaltern. Es war Mitte der 80er Jahre, die Zeit, in der sich China öffnete und das deutsche Bildungsbürgertum dieses neue China kennenlernen wollte. Da waren als Guides abenteuerlustige Typen wie er gefragt, die Chinesisch sprachen und China verstanden. Kriwet betrat damals Neuland und organisierte irre Reisen – von Xi´an via Kashgar nach Islamabad oder von Xi´an via Lhasa nach Kathmandu. Er arbeitete vor allem für Windrose, das Studium hatte er längst aufgegeben. Das damalige Leben lehrte ihn mehr als jedes Seminar. Er weiß, wie man mit Chinesen umgeht, wie man sie respektvoll behandelt, ohne liebedienerisch zu wirken. Er weiß, wie man scheinbar Unmögliches möglich machen kann. Zum Beispiel nachts die Terrakotta-Armee besichtigen. Weil die Reisegruppe erst abends in Xi´an ankam und schon am nächsten Morgen um 6 Uhr weiterfliegen musste, organisierte er einen spätabendlichen Besuch bei den Tonkriegern. Diverse Whiskey-Flaschen und Zigarettenstangen erleichterten den Zutritt. „Für die Deutschen ist es Korruption, für die Chinesen ein Gastgeschenk“, sagt Kriwet, der sich in beiden Welten zu bewegen weiß. Er kann Dutzende solcher Geschichten aus jener Zeit erzählen, auf die ich aus Platzgründen verzichten muss (aber ich habe ihm geraten, ein Buch zu schreiben). Anfang der 90er Jahre wurde Kriwet „sesshaft“. Das staatliche Touristikbüro CTS machte in Berlin ein Büro auf, das er 22 Jahre leitete, ehe er sich 2017 nach dessen Schließung selbständig machte. Die Erfahrung und die Kontakte, die er in all den Jahrzehnten gewonnen hat, lässt ihn diesen Satz sagen: „Schwierige Fälle gibt es nicht.“ Klingt überheblich, aber nicht aus dem Munde von Heinrich Kriwet. Schließlich hat er dutzendfach bewiesen, dass er ein Problemlöser ist. Er holte den höhenkranken Wladimir Klitschko aus einem tibetischen Kloster, er lotste einen Unternehmer mit dem VW-Bus von Kathmandu nach Laos, er erfüllte einer alten Dame ihren Lebenstraum, den Taishan zu erklimmen. Und er besorgte einer 70köpfigen Multi-Kulti-Truppe aus Wolfsburg die Eintrittskarten nach China.

Info:

Die Homepage von Heinrich Kriwet lautet: http://china-reise-service.com/

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