Frankreichs Präsident Emmanuel Macron liebt die großen pompösen Auftritte. Am 22. Februar wird er dazu wieder Gelegenheit haben. In Paris wird der rote Teppich ausgerollt. Über ihn werden 30 Regierungschefs oder Minister aus 30 Ländern schreiten. Frankreich, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft hat, lädt zu einem Indo-Pazifk-Gipfel. Indo-Pazifik – ein geographischer Begriff macht eine erstaunliche und schnelle Karriere. Erst in den vergangenen zwei, drei Jahren tauchte dieses Konstrukt in den geopolitischen Diskussionen auf. Westliche Regierungen – darunter auch die deutsche – beeilten sich, Strategiepapiere zur indo-pazifischen Region zu schreiben. Warum diese hektische Aufmerksamkeit für eine Region, die vom Westpazifik über Ozeanien bis zum indischen Subkontinent reicht? Die Antwort hat eine wirtschaftliche und politische Dimension. Die wirtschaftliche: Dort wohnen die meisten Menschen dieser Erde, es ist der größte und auch dynamischste Wirtschaftsraum der Welt. Da will man, da muss man dabei sein. Die politische Dimension: In dieser Region liegt China, das der Westen seit zwei, drei Jahren als systemischen Rivalen einstuft und den es folglich einzudämmen gilt. Deshalb das aufflammende Interesse des Westens an der Region. Das große Buhlen um Verbündete hat begonnen. Dabei sind die USA im Vorteil, verstehen sie sich doch seit über einem Jahrhundert auch als pazifische Macht. Sie waren es deshalb auch, die alte und neue Bündnisse schmiedeten. Erst haben sie die seit Jahren vor sich hindösende Quad-Allianz mit Australien, Indien und Japan reaktiviert, dann im Herbst 2021 ein neues Bündnis kreiert: AUKUS, ein Kürzel bestehend aus den Anfangsbuchstaben Australiens, des Vereinigten Königreichs und den USA. Unterhalb dieser multinationalen Ebene gibt es jede Menge bilateraler Aktivitäten. Australien und Japan schlossen Anfang des Jahres ein weitreichendes Reciprocal Access Agreement (RAA) ab. Zwischen Japan und Frankreich bzw. Deutschland gibt es sogenannte 2+2-Gespräche, bei denen sich die Außen- und Verteidigungsminister der beiden Länder gegenübersitzen. Die neue Regierung unter Olaf Scholz scheint sich dem Trend anzupassen. Seine ersten Asien-Reisen sollen ihn im Frühjahr nach Japan und möglicherweise Indien führen – und nicht nach China. In diese Strategie passt auch das verstärkte militärische Engagement der Bundeswehr in der Region. Soeben war die Fregatte „Bayern“ monatelang im Indo-Pazifik unterwegs. Demnächst soll die Luftwaffe in Australien aufkreuzen. Zwischenfazit: Es sind vor allem die westlichen und indo-pazifischen Demokratien (Australien, Japan, Indien und mit Abstrichen Südkorea), die kooperieren. Aber wie sieht es mit dem großen Block dazwischen aus, dem Asean-Verbund der zehn südostasiatischen Staaten? Auf welche Seite schlagen sie sich? Es ist eine heterogene Gruppe, die aber eines gemeinsam hat: Ihre Mitglieder sind alle von China wirtschaftlich abhängig. Deshalb tun sie sich schwer, sich politisch und militärisch auf die Seite des Westens zu schlagen (sieht man von den China-Freunden Kambodscha und Laos ab). Sie lavieren deshalb. Bestes Beispiel: Thailand. Paul Chamber, Außenpolitik-Experte an der thailändischen Naresuan University, sagt: „Thailand has become a center of bipolar friction between the US and China.” Dort besuchte im November CIA-Vize David Cohen den Premierminister Prayuth Chan-ocha. Man sprach wohl auch über amerikanische Waffenlieferungen. Kurze Zeit später lobte dieser Prayuth Chan-ocha den im Westen geächteten chinesischen Huawei-Konzern: „I am deeply impressed by Huawei´s history and dedication.” Anderes Beispiel: die Philippinen. Dort wird im Mai der neue Präsident gewählt. Gute Chancen hat dort Ferdinand („Bongbong“) Marcos, Sohn des legendären Diktators der über 20 Jahre herrschte. Der Marcos-Clan hatte stets enge Beziehungen zu China. Mit China gab immer wieder Streitigkeiten im Südchinesischen Meer. Trotzdem sagt Marcos junior: „We must cotinue to engage the Chinese.” Fazit: Es ist viel los im Indo-Pazifik. Und es wird von allen Seiten aufgerüstet. Das macht die Region so gefährlich. Deshalb ist es gut, wenn man miteinander redet. Wie demnächst in Paris. Doch das Treffen hat ein großes Manko: Die beiden wichtigsten Akteure der Region sind gar nicht eingeladen – weder China noch die USA.
Info:
Hier ein Artikel über Frankreichs Engagement im Indo-Pazifik: https://thediplomat.com/2021/12/frances-defense-strategy-in-the-indo-pacific/
Und hier Frankreichs – im Juli 2021 revidiertes – Strategiepapier über die Region: https://au.ambafrance.org/IMG/pdf/en_indopacifique_web_cle0f44b5.pdf?13678/a892c4f93ab0687400274085650d6d72973af817