Deutschland will ja bekanntlich die Energiewende herbeiführen. Erneuerbare Energien und Elektroautos sollen dabei eine wichtige, ja die wichtigste Rolle spielen. Zur Produktion von Solarzellen, Windrädern und Elektrobatterien werden aber wichtige Rohstoffe wie Magnesium, Kobalt und vor allem Seltene Erden benötigt. Und diese – jetzt kommt´s! – stammen zum großen Teil aus China, weil sie dort entweder abgebaut oder weiterverarbeitet werden. Die EU-Kommission hat bereits 2020 festgestellt, dass im strategisch wichtigen Sektor Erneuerbare Energien die Abhängigkeit von China „sehr hoch“ sei. Über 65 Prozent der Rohstoffe für Elektromotoren und über 50 Prozent der Rohstoffe für Windradturbinen und Photovoltaik-Anlagen würden aus China importiert. Das alles weiß man also seit Jahren, doch man hat es irgendwie achselzuckend akzeptiert. „Wir haben einfach zu lange nach dem Prinzip gewirtschaftet, dass dort eingekauft wird, wo es am billigsten ist und das sind dann häufig Rohstoffe, die aus China stammen“, sagt Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium gegenüber Euractiv. Doch jetzt erst, nach Beginn des Ukraine-Krieges, fällt vielen auf, dass man nicht nur bei Öl und Gas von Russland abhängig ist, sondern bei vielen für die Energiewende notwendigen Rohstoffe von China. Doch die chinesische Abhängigkeit ist viel schwerer zu reduzieren als die russische. Denn China hat bislang einen natürlichen und einen strategischen Vorteil. Der natürliche, weil es viele Rohstoffe im eigenen Land hat und abbauen kann. Der strategische, weil es sich schon seit Jahren an Rohstoffminen in aller Welt beteiligt und die dort gewonnenen Rohstoffe im eigenen Land weiterverarbeitet. Bestes Beispiel ist der Kongo. Dort lagern rund 70 Prozent des weltweiten Kobaltvorkommens. Aber chinesische (Staats-)Firmen kontrollieren bereits mehr als die Hälfte der dortigen Minen. Da zeigen sich die Systemunterschiede: Chinas autoritäre Führung kann seinen Firmen anordnen, in Minen zu investieren. Im Westen geht das nicht. Aber was können die Deutschen, die Europäer dann tun? Drei Möglichkeiten: Erstens, Rohstoffimporte diversifizieren. Zweitens, eigener Abbau. Drittens, Recycling verstärken. Alle drei Möglichkeiten haben jedoch ihre Grenzen. Bei der Diversifizierung kommt man vom Regen in die Traufe, denn die Alternativen zu China sind meist andere nicht-demokratische Staaten. Bei eigenem Abbau fehlen in Europa schlicht die Vorkommen. Und wenn man zum Beispiel Lithium wie Spanien oder Portugal entdeckt, protestieren die Anwohner gegen den schmutzigen Abbau. Da lässt man die Drecksarbeit doch lieber die Chinesen machen. Auch ein wünschenswertes Forcieren des Recyclings kann nur sehr partiell zur Lösung des Problems beitragen. Wir können also die Abhängigkeiten von China etwas reduzieren, aber nie und nimmer ersetzen. Wir sind also weiterhin auf Rohstoffimporte aus China angewiesen. Eine bittere Erkenntnis für eine Regierung, die eine werteorientierte Außenpolitik propagiert und erneuerbare Energien forciert.
Info:
Ein aktueller Kurzbericht des Instituts der Deutschen Wirtschaft zur Rohstoffabhängigkeit von China: https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Kurzberichte/PDF/2022/IW-Kurzbericht_2022-Globalisierungskrise.pdf
Der Bericht der EU-Kommission „Critical Raw Materials for Strategic Technologies and Sectors in the EU“: https://ec.europa.eu/docsroom/documents/42881/attachments/1/translations/en/renditions/native