in diesen Tagen steht Asien im Mittelpunkt der Weltpolitik. Auf Bali, in Singapur, Bangkok und Phnom Penh fanden und finden wichtige Konferenzen und Gipfeltreffen statt. Staatsmänner aus aller Welt reisen an. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck sind tagelang in der Region unterwegs, allerdings auf getrennten Wegen, die sich nur in Singapur für ein paar Stunden kreuzten. Dort hatten sie ihren Auftritt vor der Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft, die endlich mal wieder in persona stattfinden konnte. Dort verkündeten beide unisono: „Asien ist mehr als China.“ Will heißen: Deutsche Unternehmen, diversifiziert und investiert mehr in Südostasien. Ich halte Investments in dieser Wachstumsregion, die von deutscher Seite – vor allem von der Politik – lange Zeit stiefmütterlich behandelt wurde, für richtig und sinnvoll. Aber bitte verkauft diesen Schwenk Richtung Südostasien nicht als Teil einer wertegeleiteten Außen- oder Außenwirtschaftspolitik. Denn von den zehn Asean-Staaten – Asean steht für Association of Southeast Nations – sind mit viel Wohlwollen nur ganz wenige demokratisch oder semi-demokratisch. Der große Rest besteht aus Autokratien oder Diktaturen. Auch Vietnam, wo Scholz zuvor für deutsche Investitionen geworben hat. Dieses Beispiel zeigt, wie schwierig oder nahezu unmöglich es für eine globale Exportnation wie Deutschland ist, eine wertegeleitete Außenpolitik konsequent durchzuhalten. Außenpolitik war und ist ein Mix von Werten und Interessen. Beide widersprechen sich oft. Aber Werte und Interessen möglichst auszubalancieren ist die hohe Kunst der Außenpolitik. Scholz und Habeck haben auf ihrer Asien-Reise diesen Balanceakt versucht – und sind dabei nicht abgestürzt.
Wolfgang Hirn