Die Geschichte: Die Sinologie an der Uni Münster ist eine relativ junge. Sie begann Anfang der 60er Jahre mit der Einrichtung eines Lehrstuhls für Sinologie und Kulturgeschichte. Auf diesen wurde 1962 Tilemann Grimm berufen, ein legendärer Sinologe, der in jungen Jahren in China aufgewachsen ist. Grimm blieb aber nur drei Jahre in Münster, von wo er 1965 an die neu gegründete Ruhr-Universität Bochum und von dort dann später an die Uni Tübingen wechselte. Seine Nachfolger hingegen blieben ungewöhnlich lange der Uni Münster treu. Ulrich Unger, ein großer Kenner des Klassischen Chinesisch, war 30 Jahre lang (von 1966 bis 1996) und Reinhard Emmerich 25 Jahre (1997-2022) an der Spitze des Instituts für Sinologie und Ostasienkunde. Emmerich, der sich schwerpunktmäßig mit der Geschichte und Kultur des kaiserzeitlichen Chinas beschäftigte, emeritierte im September 2022. Seine Nachfolgerin ist mit Beginn des Wintersemesters 2022/23 Kerstin Storm. Immer wieder begleiteten die Sinologie in Münster Gerüchte um eine Schließung des Instituts. „Aber die Zeiten sind vorbei“, sagt Kerstin Storm. Im Gegenteil: Die Uni-Leitung hat der Vergrößerung der Sinologie zugestimmt und die Stelle einer Junior-Professur genehmigt. Die entsprechende Ausschreibung lief bis soeben.
Die Lehrenden: Kerstin Storm hat einst von 1999 bis 2005 an der Uni Münster Sinologie, Politikwissenschaft und Wirtschaftspolitik studiert und ging danach erstmals für zwei Jahre für einen deutschen Mittelständler nach Qingdao. Doch danach entschied sie sich für die wissenschaftliche Karriere. Ihre Stationen waren Bonn, Taipeh, Münster, Kyoto und zuletzt Trier. Als ihre Spezialgebiete nennt Storm „Literatur und Kultur von der Han- bis zur Tang-Zeit, aber zunehmend auch die späte Kaiserzeit der Ming und Qing“. Ihr Vorgänger Reinhard Emmerich soll auch weiterhin in die Lehre miteinbezogen werden, aber er hat sich in diesem Wintersemester erstmal an die Uni Heidelberg verabschiedet, soll aber danach nach Münster zurückkommen. Von den Lehrenden ist neben der Sprachdozentin Gao Yue vor allem Martin Kittlaus zu erwähnen, der schon seit Jahren im Bachelor-Studiengang alle Kurse zum modernen China unterrichtet. Kittlaus ist Politikwissenschaftler und Sinologe und im Hauptberuf Chinesisch-Lehrer am Annette Gymnasium in Münster. Mit der neuen Junior-Professur soll das Lehrangebot auch thematisch erweitert werden, denn der- oder diejenige soll sich um das moderne China kümmern. Aber auch diese Stelle wird auf Literatur und Kultur fokussiert sein. „Was wir hier nicht machen, ist eine politik- oder wirtschaftswissenschaftliche Ausrichtung der Sinologie“, sagt Storm, „wir sind hier in der philologischen Fakultät“.
Das Studium: In Münster gibt es „nur“ einen Zweifach-Bachelor Chinastudien. Das heißt: Die Studierenden müssen neben der Sinologie ein zweites Fach wählen. Sie nutzen dabei nahezu das gesamte Spektrum der Uni, aber mit einer leichten Präferenz für Wirtschaft. Zur Grundausrichtung sagt Storm: „Wir legen in Münster sehr viel Wert auf eine breite Ausbildung im Bachelor-Studiengang.“ Ab dem 5. Semester wird dort auch klassisches Chinesisch unterrichtet. Ein Auslandsjahr ist nicht vorgeschrieben, „aber wir empfehlen es dringendst“ (Storm). Der Nachteil ist allerdings, dass man während dieses Jahres im Zweitfach pausieren muss. Storm verrät, dass man nicht nur deshalb über die Einführung eines Mono-Bachelors nachdenke, aber noch sei nichts in konkreter Planung. Seit dem Wintersemester 2015/16 gibt es auch einen neuen Masterstudiengang „Sinologie“. Er beinhaltet im zweiten Semester einen Auslandsaufenthalt oder ein Praktikum. Großer Vorteil in Münster laut Storm: „Wir starten mit relativ kleinen Masterkohorten“. In diesem Wintersemester sind es gerade mal sechs Studierende. Überhaupt herrscht am Institut (das übrigens eine der besten sinologischen Bibliotheken Deutschlands hat) eine nahezu familiäre Atmosphäre. Man arbeitet in kleinen Gruppen, trifft sich häufig in der Teeküche und das Lehrpersonal sei stets ansprechbar. „Wir halten uns nicht an Sprechstunden“, sagt Storm. Und wen es mal nach Entspannung dürstet, für den ist die Traditionsbrauerei Pinkus Müller gleich um die Ecke.
Info:
Hier die Homepage des Instituts für Sinologie und Ostasienkunde an der Uni Münster: