POLITIK I Ein Jahr danach: Der Spionage-Ballon – nur heiße Luft?

War das eine Aufregung vor einem Jahr! Ein unbekanntes Flugobjekt wurde über dem US-Bundesstaat Montana gesichtet. Es entpuppte sich schnell als ein chinesischer Ballon. Sofort kam von Seiten der USA der Spionage-Vorwurf. Außenminister Antony Blinken sagte seinen geplanten China-Besuch ab. Sein Konterpart Wang Yi nannte die Reaktionen „hysterisch und absurd“. Die US-Regierung sah zunächst dem Treiben etwas orientierungslos zu, ehe sich Joe Biden dazu entschloss, den Ballon vor der Küste South Carolinas von einem Kampfjet abschießen zu lassen. Die zerstreuten Trümmer wurden eingesammelt und das FBI begann mit der Analyse der Wrackteile. Außenminister Blinken versprach schnelle Aufklärung, und die USA würden die Ergebnisse der Untersuchungen „with our allies and partners around the world“ teilen.

Nur: Nach etwas mehr als einem Jahr herrscht seltsame Funkstille. Bis heute wurde kein Bericht der Behörden veröffentlicht.  Nur kryptische Äußerungen von Biden und ein paar Statements von Militärs liegen vor. Biden sagte im Juni bei einer Spendengala der Demokraten lediglich, dass Xi nichts von dem Flug gewusst hätte und sehr aufgebracht gewesen sei: „The reason why Xi Jinping got very upset in terms of when I shot that balloon down with two boxcars full of spy equipment in it is he didn’t know it was there.”

Biden bestätigte also, dass der chinesische Ballon Spionage-Ausrüstung an Bord hatte. Aber hat er diese auch benutzt? Offenbar nicht. Denn ebenfalls im Juni erklärte Pentagon-Sprecher Patrick Ryder, dass der Ballon „did not collect intelligence while flying over the country.” Dies bestätigte auch Mark Milley, pensionierter Chef des Generalstabs, in der TV-Sendung „CBS News Sunday Morning” vom 16. September: “The intelligence community, the assessment is that there was no intelligence collection by that balloon. I wanted say it was a spy balloon that we know with high degree of certainty got no intelligence, and did not transmit any intelligence back to China.”

Wie soll man das interpretieren? Viellicht so: Es war ein Spionageballon, der nicht spionierte. Es wird weiterhin viel spekuliert. Viele Fragen sind offen. Das nervt den republikanische Kongress-Abgeordneten Russell Fry aus South Carolina. Er kritisiert dieses Informationsvakuum: „Wir wissen nicht viel. Der Kongress und die amerikanische Bevölkerung werden im Dunkeln gelassen.“ Deshalb will er per Gesetz die Behörden zwingen, etwas Licht in dieses Dunkel zu bringen. Er verlangt Auskunft. Deshalb haben er und weitere republikanische Abgeordnete am 6. Dezember 2024 den „Spy Balloon Assessment Act“ eingebracht. Dass er allerdings eine Mehrheit im Kongress erhält, gilt als sehr unwahrscheinlich.

Der Ballon wird weiterhin ein Mysterium bleiben. Vorerst jedenfalls.

Info:

Hier der Text des von Russell Fry eingebrachten „Spy Balloon Assessment Act”:

https://www.govinfo.gov/content/pkg/BILLS-118hr6625ih/pdf/BILLS-118hr6625ih.pdf

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