YOUNG CHINA HAND I Johannes Drexler, Schwarzman-Stipendiat in Beijing

China Hands wurden im 19. Jahrhundert die wenigen Ausländer genannt, die sich in China auskannten, dessen Sprache und Kultur verstanden- oder zumindest so taten. Später wurden daraus Old China Hands, Leute mit 20 oder von mehr Jahren Erfahrung im Reich der Mitte. Es gibt aber auch zunehmend junge Leute, die sich intensiv mit China beschäftigen, die aber oft nicht zu Wort kommen. Deshalb werde ich neben Old China Hands auch Young China Hands vorstellen – auch wenn Letzteres per definitionem ein Widerspruch ist. Heute wird eine Old China Hand vorgestellt: Johannes Drexler (26).

Johannes Drexler wuchs auf einem Bauernhof in der Oberpfalz auf. Jetzt sitzt er in einer Studentenbude auf dem Campus der Tsinghua Universität, wo er seinen Master in Global Affairs macht. Möglich machte dieses Studium an der renommierten Beijinger Uni ein Schwarzman Scholarship. Das ist ein Stipendienprogramm, das der Gründer und CEO der Private-Equity-Firma Blackstone, Stephen A. Schwarzman, vor zehnJahren geschaffen hat. Für den Multimilliardär Schwarzman ist schon länger klar, dass China künftig eine wichtige Rolle in der Welt spielen wird und man deshalb das Land verstehen muss. Sein Zitat „Those who will lead the future must understand China today” steht deshalb ganz vorne in der Broschüre, die das Schwarzman Scholarship erklärt. Es gilt als eines der prestigeträchtigsten Stipendien der Welt. Rund 4000 Bewerbungen gehen jedes Jahr ein, rund 150 werden schließlich angenommen. Einer von ihnen ist im aktuell laufenden Programm Johannes Drexler. 

Drexler hatte schon früh Interesse an China. Ihn faszinierte an dem Land mehr das Wirtschaftliche („das ist der wichtigste Absatzmarkt der Welt“) und das Technologische („China war im Mittelalter fortschrittliche als Europa“). Deshalb ging er schon während des Bachelor-Studiengangs an der Fachhochschule Regensburg für ein Semester nach China. Schon auf dem Rückflug war für ihn klar: „Ich will wieder zurück“. Doch Covid verhinderte den Plan. Er machte seinen Master an der TU München, bewarb sich aber in seinem letzten Studienjahr für das Schwarzman Stipendium, auf das er eher zufällig beim Googeln gestoßen war. Er ließ sich nicht durch die geringen Erfolgsaussichten abschrecken und begab sich in den mehrstufigen Bewerbungsprozess. Als Erstes musste er seine Bewerbung abgeben, deren wichtigster Inhalt drei Empfehlungsschreiben und zwei Essays waren. Er schaffte die erste Hürde und gehörte zu den 400, die zu einem Interview eingeladen wurden. Dies fand – es war noch Corona-Zeit – online statt. 25 Minuten wurde er befragt, 20 Minuten zu seiner Person, 5 Minuten zu einem globalen Thema. Nach einer Woche kam der Anruf: Sie sind dabei. Als einer von 150, als einer von drei Deutschen.

Ende Juli 2023 gab er seine Masterarbeit in München ab und flog anschließend nach China. Er schaltete noch einen vierwöchigen – von der Studienstiftung des deutschen Volkes unterstützten – Sprachkurs vor, ehe es Ende August dann in Beijing losging. Dort wohnen die Stipendiaten alle unter einem Dach im Schwarzman College auf dem Campus der Tsinghua Universität – auch die Gastlektoren. Kürzlich saß er zum Beispiel beim Frühstück dem ehemaligen US-Botschafter in Afghanistan Karl Eikenberry gegenüber. „Es herrscht eine sehr internationale Atmosphäre“, sagt Drexler. In den zwei Semestern müssen insgesamt vier Module belegt werden. Die Themen dort sind zum Teil global, aber auch China-spezifisch. Hinzu kommen zwei, drei sogenannte Speaker Events pro Woche, in denen prominente Praktiker aus ihrem Alltag berichten, zum Beispiel ein Partner von McKinsey oder der ehemalige CEO von Sinopec. Jeden Tag gibt es obendrauf eine Stunde Chinesisch-Unterricht. Drexler hat sich zudem noch für ein Sprachtandem entschieden. Und meist setzt er sich mittags beim Lunch an einen Tisch, wo nur Chinesisch gesprochen werden darf. Bis Ende Juni dauert das Studium noch. Zum Abschluss gibt es einen Master of Global Affairs. Danach würde Drexler gerne noch eine Reise nach Tibet und Xinjiang anhängen. Um einen Job nach seiner Rückkehr aus China muss sich Drexler keine Sorgen machen, denn er hat ihn schon in der Tasche. Er wird im Sommer bei der Boston Consulting Group (BCG) im Münchner Büro anfangen.

Info: Hier gibt es mehr Informationen über das Schwarzman Scholarship:

https://www.schwarzmanscholars.org/wp-content/uploads/2023/03/Schwarzman-Scholars-Admissions-Brochure.pdf

No Comments Yet

Comments are closed