Vom 6. bis 9. Juni wird in den 27 EU-Mitgliedstaaten das Europäische Parlament gewählt. Deutschland wählt traditionell am Sonntag, also steht hierzulande am 9. Juni der Urnengang an. In diesen Tagen verabschieden die nationalen Parteien und die europäischen Parteienbündnisse ihre Wahlprogramme und Kandidatenlisten. In den nächsten Ausgaben werde ich untersuchen, was in diesen Programmen zur Außenpolitik und speziell zum Verhältnis zu China steht. In dieser Ausgabe werden die Programme der CDU/CSU und die EVP analysiert. In der nächsten Ausgabe folgt dann die ALDE.
Die Europäische Volkspartei (EVP) ist der Zusammenschluss christdemokratischer und konservativer Parteien. Ihr gehören über 50 Parteien an. Aus Deutschland sind es die Christlich Demokratische Union (CDU) und die Christlich Soziale Union (CSU). Die EVP stellt im aktuellen Europäischen Parlament mit 178 Mitgliedern aus 26 Ländern die stärkste Fraktion.
Am 6. und 7. März hielt die EVP ihren Wahlkongress in Bukarest ab. Erwartungsgemäß wurde die aktuelle EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Spitzenkandidatin gewählt. Aber das Wahlergebnis fiel mager aus. Nur etwas mehr als 60 Prozent der Delegierten beteiligten sich an der Wahl. Und von denen, die wählten, stimmten 20 Prozent gegen die Deutsche. Verabschiedet wurde in Bukarest auch das EPP 2024 Manifesto mit dem Titel „Our Europe, a safe, and good home for the people“. In dem 25seitigen Papier wird China mehrmals erwähnt.
Hier die wichtigsten Punkte China betreffend:
- Es werden Parallelen zu Russlands Aggression in der Ukraine gezogen: “Russia’s illegal war of aggression against Ukraine, the weaponisation of energy and food and irresponsible nuclear threats, combined with growing tensions in the South China Sea and the Taiwan Strait, are a wake-up call for Europe.”
- Es wird eine Strategie – nicht nur gegenüber China – gefordert: “The EU also needs a long-term strategy towards other key strategic areas including China and Taiwan, Russia and Belarus, Africa, Latin America, the Mediterranean region and the Middle East.”
- China wird als wirtschaftlicher Herausforderer betrachtet: “The EPP’s economic model has brought prosperity, jobs and social peace to Europe over the past 75 years. In a changing economic world, Europe is coming under increasing pressure: Europe’s share of world GDP has fallen from 20% to 15% while China’s has risen from 7% to 19% over the last half century. In addition, out of the top 50 global firms, only 6 are European while 20 are from the US and 13 from China. We must make our economy fit for new challenges.”
- Die EU muss vor China geschützt werden: “We want to further strengthen rules to make sure that strategic infrastructure such as ports, telecommunication and energy facilities as well as our most innovative companies are shielded from takeovers by third countries, notably China. Our general approach towards China is to de-risk, not decouple.”
- Und man plädiert für eine Zusammenarbeit des Westens: „Our economy will never prosper in a fortress. We want to trade with the entire world but also want to foster a special cooperation with like-minded partners in a Union of Democracies to remain competitive vis-à-vis dominant competitors such as China. The western world must stand together politically and economically. No room should be left to dumping practices of third countries that undermine our efforts to reach strategic autonomy and higher social, environmental, safety or health standards. At the same time, we should intensify our trade relations with Latin America and the Indo-Pacific region with new smart and fair trade agreements.”
Wenige Tage nach der EVP stellten am 11. März die CDU und CSU ihr nationales Wahlprogramm im Konrad-Adenauer-Haus vor. „Mit Sicherheit Europa – für ein Europa, das schützt und nützt“. Auch hier wird China zum Thema gemacht, auch wenn es nicht so häufig erwähnt wird wie im EVP-Papier. Grundsätzlich heißt es: „Mit dem Aufstieg Chinas verändern sich die Kräfteverhältnisse in der Welt grundlegend.“ Europa solle zu einem handlungsfähigen geopolitischen Akteur im globalen Systemwettbewerb werden Dabei setzt die EU auf die USA: „Die USA sind und bleiben unser enger Partner. Die transatlantische Freundschaft muss ein tragender Pfeiler unserer Außenpolitik bleiben.“ Dazu gehört auch mehr wirtschaftliche Kooperation mit Ländern und Regionen außerhalb Chinas: „Wir wollen mehr Freihandelsabkommen vor allem mit den USA und Südamerika abschließen, ohne sie mit sachfremden Themen zu überfrachten. Gleiches gilt für Abkommen im asiatisch-pazifischen Raum, etwa mit Indien, Australien, Indonesien und Thailand.“ Auch Afrika soll mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden: „Wir unterstützen die „Global Gateway Initiative“, die darauf zielt, zur Entwicklung der EU-Partnerstaaten vor allem in Afrika durch die Aktivierung privaten Kapitals beizutragen. Sie ist damit auch eine Antwort auf die Neue Seidenstraße Chinas.“
Im Kapitel über die technologische Souveränität wird zwar China nicht expressis verbis erwähnt, aber es ist klar, dass das Land in der folgenden Aussage gemeint ist: „Wir wollen ein Europa, das Schlüsseltechnologien versteht, entwickelt und produziert. Es ist notwendig, Abhängigkeiten zu reduzieren und deshalb auch Lieferketten zu diversifizieren. Darüber hinaus müssen wir vorsichtiger bei der Ausfuhr sensibler Technologien und bei der Einfuhr sowie der Verwendung sicherheitsrelevanter Komponenten sein. Chips und Batteriezellen sind und werden im 21. Jahrhundert zentrale Bauteile von immer mehr Produkten.“
Info:
Das CDU/CSU-Programm kann man hier herunterladen: https://assets.ctfassets.net/nwwnl7ifahow/476rnHcYPkmyuONPvSTKO2/972e88ceb862ac4d4905d98441555e0c/europawahlprogramm-cdu-csu-2024_0.pdf
Und hier das Wahl-Manifest der EVP bzw. EPP in Englisch: https://www.epp.eu/files/uploads/2024/03/Manifesto_2024.pdf