Jürgen Kurz (67) ist eines der Gründungsmitglieder der Grünen in Rheinland-Pfalz. Seit Anfang 2023 lebt und arbeitet er in China. Dort vertritt er einen deutschen Mittelständler. Er gehört zur Minderheit der grünen Mitglieder, die die China-Politik ihrer Partei und damit auch ihre Außenministerin kritisieren. Das macht er in den sozialen Medien, auf seiner Homepage, und einmal schaffte er es sogar in die Phoenix-Runde. Er sagt: „Viele Mitglieder sehen in China eine dystopische Gesellschaftsform, in der der Staat alle Bürger überwacht, bürgerliche Freiheiten einschränkt und ein Diktator auf Lebenszeit den Menschen seinen Willen aufdrängt.“ Die Wirklichkeit sehe aber anders aus. Doch wer will die Wirklichkeit sehen? Er fragt: „Wäre es nicht sinnvoller, mit den Menschen in China zu sprechen als über sie?“ Deshalb kam ihm die Idee, Mitglieder der Grünen – oder ihnen zumindest Nahestehende – zu einer Reise nach China zu animieren. Jetzt hat er die Idee realisiert. Vom 6. bis 19. Mai tourten 21 mehr oder weniger grün angehauchte Besucher aus Deutschland zusammen mit Kurz und seiner chinesischen Frau Dou Yaling sowie Reiseleiter Hao Lei durch China. Sie absolvierten ein ambitiöses Programm – von Beijing über einige Umwege nach Shanghai. Es war keine touristische Reise, sondern eher eine politische Bildungsreise. Kurz am Ende der Reise: „Es war ein Gewaltprogramm, eigentlich nichts für alte Leute.“ Doch die meisten Teilnehmer waren jenseits der 60 Jahre. Die kleine Truppe traf Bürgermeister, Parteifunktionäre, besuchte Firmen wie Autobauer Wuling oder den Telekom-Konzern Huawei, und informierte sich über soziale und ökologische Projekte. Kurz legt Wert auf die Feststellung, dass diese Reise „hundertprozentig von mir ausgedacht“ wurde. Es hätte keinen Einfluss und auch kein Geld von irgendwelchen Regierungsstellen gegeben. Viele der Teilnehmer waren zum ersten Mal in China. Thomas Krings, kein Grünen-Mitglied und 1999 schon mal in China gewesen, sagt: „Ich wollte mich überraschen lassen.“ Und er sei von der Realität überrascht worden. Er empfand die Menschen als „sehr offen“. Am letzten Abend in Shanghai traf sich die Runde, um zu diskutieren, wie sie ihre Eindrücke in die grüne Partei einbringen können, ob gleich ganz oben bei Annalena Baerbock oder doch lieber erst in den Niederungen der Parteigremien. Einigkeit wurde nicht erzielt. Doch einig waren sich die Teilnehmer einschließlich des Veranstalters: Eine solche Reise muss wiederholt werden. Ich finde: Ein Vorbild für andere Parteien und gesellschaftliche Gruppen.
Info:
Auf Linkedin hat Jürgen Kurz detailliert über die Reise gepostet: https://www.linkedin.com/in/juergen-kurz-40294b3a/