POLITIK I China im US-Wahlkampf

Die Welt fiebert dem 5. November entgegen. An diesem Tag wird sich entscheiden, wer der nächste US-Präsident sein wird: Kamala Harris oder Donald Trump. Dann weiß man vielleicht auch mehr darüber, wie sich das Verhältnis zwischen den beiden Weltmächten China und USA entwickeln könnte. Im Wahlkampf spielt dieses Thema eine geringe Rolle. Als sich am 10. September Harris und Trump zur ersten (und einzigen?) TV-Debatte trafen, waren China und Asien nicht das große Thema. Joshua Kurlantzick (Council on Foreign Relations/CFR) kommentierte danach in seinem Blog bedauernd: „The Trump-Harris debate ignored Asia/China, and that´s bad news.” Lediglich über Chips und Zölle wurde kurz gestritten.  Harris nannte die von Trump geforderten Zölle auf chinesische Waren (im Gespräch sind 60 Prozent) a “sales tax”, die viele Produkte verteuerten. Trump hingegen prahlte, dass er damit China abzocken würde, was er schon in seiner ersten Amtszeit getan hätte: “I took in billions and billions of dollars, as you know, from China.” Aber sonst kein Wort über Taiwan, das Südchinesische Meer oder einen potentiellen Konflikt in Fernost.

Wie die beiden Kandidaten über China denken, muss man sich ihren Interviews und Reden vor und während des Wahlkampfes zusammenklauben. Harris ist bislang nicht durch viele Aussagen über China aufgefallen. In der Interview-Reihe „Face the Nation“ (2023) sprach sie von „tensions“ in den Beziehungen zu China, „but that does not mean that we are seeing conflict.” Dort sagte sie auch, was inzwischen (fast) jeder Politiker im Westen sagt: Es gehe nicht um Decoupling, „it is about de-risking.“ Am letzten Abend auf dem Parteikongress der Demokraten gab sie sich siegessicher: „America, not China, wins the competition for the 21st Century.“

Dieser Meinung ist – logisch – auch Trump. Er kündigte in seiner Rede bereits beim National Convention der Republikaner im Juli an, dass seine Regierung China an verschiedenen Fronten schlagen wird. An welchen Fronten ließ er allerdings offen. Trump hat ein ziemlich zwiespältiges Verhältnis zu China. In einem Fox-Interview sagte er gegenüber Mark Levin, dass er China und Xi respektiere. Er hätte ziemlich gute Beziehungen zu China. Früher nannte er eher bewundernd Xi Jinping „a brilliant guy“, der mit eiserner Hand 1,4 Milliarden Menschen regiere. Das hält allerdings Trump nicht davon ab, viele Chinesen in den USA als Spione zu betrachten. Bereits letztes Jahr versprach er, dass „a reformed FBI and Justice Department will be hunting down Chinese spies“. Nun legte er nach: Unter ihm würden neue Visabestimmungen „shut off Chinese access to American secrets“. Interessant sind Trumps Aussagen zu Taiwan, weil konträr zu den Ansichten der Demokraten. Gegenüber Businessweek Bloomberg sagte Trump, “Taiwan should pay for U.S. protection.” 

Wie wichtig (wichtiger jedenfalls als den Demokraten) den Republikanern das Thema China ist, zeigte sich Mitte September im Repräsentantenhaus, in dem die Republikaner die Mehrheit haben. Dort brachten sie binnen einer Woche noch 25 Gesetze gegen China – darunter viele Verbote – auf den Weg durch die Institutionen (siehe eine Übersicht unter Info). „China Week“ nannten sie diese Woche. Das sei eher eine „Anti-China-Week“ gewesen, konterten treffend die chinesischen Staatsmedien. Diese Woche war mehr eine Show-Veranstaltung der Republikaner, um dem Wahlpublikum zu demonstrieren: Seht her, wir tun was gegen China. Aber die meisten dieser Gesetze müssen noch den Senat und dann noch den Präsidenten passieren, was in der Kürze der verbleibenden Zeit eher unwahrscheinlich ist.

Die Stimmung wird konfrontativ bleiben – egal, wer neuer Präsident oder neue Präsidentin sein wird. Trump wird eher erratisch agieren und sich vor allem auf seine geliebten Zölle kaprizieren. Harris hingegen wird eher strategisch vorgehen und insbesondere durch Sanktionen Chinas Aufstieg zur Technologiemacht zu verhindern versuchen. Hoffnungen auf eine deeskalierende oder eher kooperative Haltung sind rar. Im Begleitchor der amerikanischen China-Watcher haben in diesem Sinne nur zwei aus dieser Runde ihre Stimme erhoben. Barry Eichengreen (University of California Berkeley) und Jessica Chen Weiss (John Hopkins University). Eichengreen fordert in einem Beitrag für das Project Syndicate (10. September) ein „Resetting US-China Economic Relations“. Er schreibt: “To address global challenges, active cooperation between the economic powers is indispensable.” In dem Foreign-Affairs-Artikel “The Case Against the China Consensus” (16. September) plädiert Chen Weiss ebenfalls für eine Neujustierung der amerikanischen China-Politik. Sie glaubt: “There is an opportunity for the next presidential administration to develop a more affirmative, less reactive approach, one that dials down the heat and focuses on reducing the risks while preserving the benefits of the vast web of ties that connect the United States and China.”

Info:

Hier eine Übersicht über die Gesetze der „China Week“ im Repräsentantenhaus: https://selectcommitteeontheccp.house.gov/media/press-releases/china-week-recap-congress-passes-25-bills-combat-chinese-communist-party

Hier der Artikel von Barry Eichengreen: https://www.project-syndicate.org/commentary/possibilities-for-us-china-economic-cooperation-by-barry-eichengreen-2024-09

Und hier der Beitrag von Jessica Chen Weiss: https://www.foreignaffairs.com/united-states/case-against-china-consensus

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