SPORT I Fußball – Bilanz eines weiteren Krisenjahres

In China ist ja das Fußballjahr auch das Kalenderjahr. Es macht also Sinn, zum Jahreswechsel Bilanz zu ziehen. In der China Super League (CSL) gab es ein spannendes Rennen um die Meisterschaft, das erst am vorletzten Spieltag zugunsten von Shanghai Port FC entschieden wurde. Zu den Spielen kamen insgesamt 4,66 Millionen Zuschauer. Das ist ein Schnitt von 20 000 Zuschauern pro Spiel. Sehr durchwachsen war das Abschneiden des Nationalteams. Beim Asien Cup zu Beginn des Jahres scheiterte es kläglich, wurde ohne ein erzieltes Tor Letzter in der Vorrundengruppe. Bei der Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2026 liegt das Team in seiner Gruppe auf Platz vier mit eher bescheidenen Hoffnungen auf ein Weiterkommen. Besonders schmerzhaft war bei diesen Qualifikationsspielen die 0:7-Klatsche gegen Japan. Auf der FIFA-Rangliste rutschte China auf Platz 90 ab. Das gefiel weder den Politikern noch den Funktionären. Deshalb fanden im Dezember zwei wichtige Sitzungen zum Thema Fußball statt. Zum einen befasste sich der Staatsrat – also die Regierung – bei einem Treffen am 16. Dezember mit der Situation des chinesischen Fußballs. Und einen Tag später begann in Xi’an das 2024 China Football Development Seminar des chinesischen Fußballverbandes CFA. Beim Treffen der Regierung wurden Schritte gefordert, um den chinesischen Fußball zu revitalisieren. Ein starker Fußball sei wichtig, um China als starke Sportnation zu präsentieren und damit auch seine „soft power“ zu verbessern. Der Tenor der Sitzung lautete: Die Erfolge bei den Olympischen Spielen reichten nicht aus (allein in Paris hamsterte China 40 Goldmedaillen). Auch im Fußball müsse China an die Weltspitze gelangen, um als große Sportnation zu reüssieren.

Wie der politische Auftrag erfüllt werden könnte, wurde anschließend beim Seminar in Xi’an diskutiert. Dort traf sich die Spitze des CFA mit den Vertretern der Vereine der ersten und zweiten Liga sowie den 16 Städten, die als zentrale Orte für die Entwicklung des chinesischen Fußballs ausgewählt wurden. CFA-Präsident Song Kai sagte offen: „Niemand ist zufrieden.“ Auf dem Seminar wurden vor allem die technischen Mängel der Spieler beklagt, insbesondere bei der Ballannahme, aber auch beim Passspiel. Da man diese Fähigkeiten vor allem in jungen Jahren lerne, stand das Thema Jugendfußball ganz oben auf der Agenda des Seminars. Die mangelnde Jugendarbeit vor allem in den Vereinen und Schulen ist im chinesischen Fußball ein Dauerthema. Und sie war auch bei den sechs Maßnahmen zur Revitalisierung des chinesischen Fußballs, die CFA-Präsident Song Kai am Ende des Seminars verkündete, ein zentraler Punkt. Er forderte eine engere Verzahnung von Schule und Vereinen, bessere und mehr Trainer für die Jugendarbeit und mehr Ligen für den Jugendfußball.  Immerhin, ein Anfang wurde bereits gemacht: Seit 2022 gibt es eine National Youth Super League (NYSL).

Es scheint so, dass unter Song Kai der Jugendarbeit mehr Bedeutung gewidmet wird. Seine Vorgänger haben zwar auch stets darüber geredet, aber es waren eher Lippenbekenntnisse. Song war es auch, der mit der deutschen Bundesliga das Programm „Bundesliga Dream China“ aufgelegt hat. Im Rahmen dieses Programms kamen im Februar und März dieses Jahres 20 talentierte U16-Spieler aus China nach Deutschland, um mit den Jugendteams von Bayer Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und dem VfB Stuttgart zu trainieren. Im April 2025 soll dies wiederholt werden. Song, der im November in Deutschland war und dort DFL-CEO Marc Lenz traf, sagt: „The youth development of Chinese Football should learn from the leading international football organizations.”

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