Kaum jemand kann auf so viel China-Erfahrung zurückblicken wie Jerome A. Cohen. 94 Jahre alt ist der Jura-Professor nun. Endlich – ist man geneigt zu sagen – hat er seine Memoiren veröffentlicht, in denen er den Leser an seiner fast 70-jährigen China-Erfahrung teilhaben lässt. Cohen kam schon früh, Ende der 50er Jahre, mit China in Berührung. Und zwar eher zufällig. Nach seinem Jurastudium in Yale unterrichtete er damals In Berkeley. Die Rockefeller Foundation beauftragte ihn, einen Wissenschaftler für ein vierjähriges Forschungsstipendium über China zu finden. Doch er fand niemanden, also macht er es selbst. Er lernte Chinesisch, reiste erstmals nach Hongkong, wo er Flüchtlinge aus der Volksrepublik traf. Die Gespräche waren die Basis für sein erstes Buch „The Criminal Process of the People’s Republic of China: 1949–1963“. Viele Veröffentlichungen sollten folgen. 1964 wurde Cohen Professor an der Harvard Law School, wo er bis 1981 blieb. Cohen plädierte sehr früh für eine Normalisierung der Beziehungen zu China. Auf seiner ersten China-Reise 1971 traf er Zhou Enlai, 1977 war er zusammen mit Ted Kennedy bei Deng Xiaoping. Dessen Reform- und Öffnungspolitik erlebte er hautnah mit, denn er arbeitete in den 80er Jahren als einer der ersten ausländischen Anwälte in China. 1989 verließ Cohen, der sich stets für die Menschenrechte einsetzte, China und ging zurück in die Wissenschaft. An der New York University of Law erhielt er damals eine Professur. Dort gründete er das U.S.-Asia Law Institute. Auch nach seiner Emeritierung publizierte Cohen über chinesisches Recht – bis vor kurzem auch in einem Blog. Nun also seine Memoiren. Orville Schell (84), ebenfalls ein legendärer amerikanischer China-Kenner, stellte das Buch kürzlich bei der Asia Society in New York vor und schüttete viel Lob über den anwesenden Cohen, der auch an diesem Abend seine obligatorische Fliege trug: „This elegantly written memoir is worth reading not only because it unspools Cohen´s own hybrid life, but it also offers readers a personalized odyssey through the tortured history of the PRC.“
Info:
Jerome A. Cohen: Eastward, Westward, Columbia University Press, 384 Seiten, 38 $
Hier der China Talk mit dem Autor und Orville Schell bei der Asia Society am 17. Februar: https://www.youtube.com/watch?v=a6VGi8mnFd0