Am 26. Februar wurde Donald Trump von einem Reporter gefragt, ob die USA jemals zulassen würden, dass die Volksrepoublik China Taiwan mit Gewalt einnehmen würde. Der sonst sehr redefreudige Präsident blieb einsilbig: „I never comment on that.“ Und er schob noch nach: „I don’t want to ever put myself in that position.”
Man darf also weiter rätseln, wie Trump zu Taiwan steht. Bislang sind von ihm einige Taiwan-kritische Statements bekannt. So sagte er in einem Interview mit Bloomberg Businessweek im Juli 2024: „Taiwan should pay us for defense.“ Taiwan solle gefälligst mehr für Rüstung ausgeben, am besten zehn Prozent seines Sozialprodukts. Derzeit sind es knapp 2,5 Prozent. Präsident William Lei versprach, den Anteil auf drei Prozent zu erhöhen. Auch attackiert Trump Taiwans Chipindustrie. Diese hätte Amerikas Know-How geklaut. Dafür sollten sie nun büßen, indem auf Chips ein Zoll von 25 oder gar noch mehr Prozent erhoben werden soll. Er will, dass Taiwans Chipfirmen – allen voran TSMC – in den USA investieren. TSMC macht das bereits, baut in Arizona eine gigantische Fabrik, aber nur weil die Biden-Regierung ihnen viel Subventionen im Rahmen des CHIPS Act gegeben hat. Dieses Programm nennt Trump „ridiculous“. Er sagt: “We don’t want to give them (er meint taiwanesische Chipfirmen) billions of dollars.“ Inzwischen hat TSMC auf Trumps Druck reagiert und ein weiteres Investment in den USA von über 100 Milliardem Dollar angekündigt.
Trump ist also Taiwan gegenüber bei weitem nicht so wohlgesonnen wie sein Vorgänger Biden.
David Sacks (Experte für US-Taiwan-Beziehungen beim Council on Foreign Relations) hält Trumps Kurs für gefährlich: „Trump Is Making Taiwan More Vulnerable“, lautet die Überschrift über seinen Post vom 21. Februar. Sacks kritisiert vor allem Trumps Abkehr von der internationalen Ordnung und seine Ansprüche auf fremde Territorien wie Panama und Grönland: „If Trump can take Greenland, why can‘t China take Taiwan?“ lautet seine rhetorische Frage.
In seiner ersten Amtszeit war Trump wesentlich freundlicher gegenüber Taiwan. So wurde unter ihm 2018 der Taiwan Travel Act verabschiedet, der eine vermehrte Reisetätigkeit Politiker beider Länder beinhaltete. 2020 folgte dann der Taiwan Allies International Protection and Enhancement Initiative (TAIPEI) Act, in dem die USA versprachen, sich für eine Mitgliedschaft Taiwans in internationalen Organisationen stark zu machen. Und zudem wurden Militärdeals über insgesamt 18 Milliarden Dollar zwischen den USA und Taiwan abgeschlossen, darunter die Lieferung von 66 Kampfflugzeugen.
Doch jetzt in der gerade begonnenen Amtsperiode fährt er einen härteren Kurs gegenüber der Insel. Das ist insofern bemerkenswert, weil sich in seinem engeren Umfeld ausgesprochen Taiwan-freundliche Personen befinden, zum Beispiel Außenminister Marco Rubio und Sicherheitsberater Michael Waltz. Letzterer geht sogar soweit, eine Revidierung der amerikanischen Taiwan-Strategie zu fordern – die bisherige „Strategic Ambiguity“ soll durch eine „Strategic Clarity“ ersetzt werden.
Was ist „Strategic Ambiguity“? Ambiguity kann man mit Mehrdeutigkeit übersetzen. Die USA wollen also den potentiellen Angreifer China im Unklaren lassen, wie sie auf dessen vermeintlichen Angriff auf Taiwan reagieren werden: Werden sie „nur“ Waffen liefern oder doch Truppen senden? Die Anhänger dieser Theorie der Mehrdeutigkeit glauben, dass dieses Nichtwissen auf China schon abschreckend wirken würde. Aber den Verfechtern der „Strategic Clarity“ reicht das nicht. Sie fordern klare Kante, also ein Bekenntnis der USA zu einem militärischen Beistand im Falle eines chinesischen Angriffs. Nicholas Welch, Redakteur beim Newsletter China Talk, hat in eben diesem Medium (10. Februar) eine umfangreiche Analyse der beiden Konzepte vorgelegt. Welches sich in der Trump-Administration durchsetzen wird, konnte und wollte aber auch er nicht prognostizieren.
Info:
Hier der Post von David Sacks: https://www.cfr.org/blog/trump-making-taiwan-more-vulnerable
Hier die Analyse von Nicholas Welch in China Talk: https://www.chinatalk.media/p/strategic-ambiguity-vs-clarity