Deutsche Botschafter in China kommen und gehen, ebenso Manager deutscher Firmen. Meist laufen ihre Verträge über drei, maximal fünf Jahre. Aber einer bleibt: Jörg Wuttke (61). Für ihn gibt es keine zeitliche Limits. Wuttke ist einer der einflussreichsten Deutschen in China. Er ist der Mann Europas in China und Mister China in Europa. Der erfahrene Wuttke ist ein geschätzter Gesprächspartner – bei Politikern und bei Journalisten. In deutschen Medien gibt es fast keinen Beitrag über China mehr ohne ein Zitat von Jörg Wuttke. Er tritt in chinesischen TV-Sendern auf und in westlichen. Manchmal beschleicht einem das Gefühl, es gibt nur einen Europäer in China, der was zur wirtschaftlichen Lage vor Ort sagen kann.
Bereits 1982 reiste der Mannheimer BWL-Student mit der Bahn zum ersten Mal nach China. 1986 fing er bei ABB in Shanghai an. 1996 wechselte er zur BASF, deren Chefrepräsentant er nach wie vor ist. Aber diese Funktion hält er eher diskret im Hintergrund. Mir hat er schon fast einmal eine Kontaktsperre angedroht, wenn ich ihn nochmals als BASF-Vertreter zitiere. In der Öffentlichkeit tritt er meist als Präsident der Europäischen Handelskammer auf, deren Präsident er derzeit zum dritten Male ist. Von 2007 bis 2010 und von 2014 bis 2017 war er es schon einmal.
Die Kammer ist sein Kind. Wuttke ist es zu verdanken, dass die Europäische Kammer inzwischen eine gewichtige Stimme in China ist, die auch von den Verantwortlichen ernst genommen wird. Die jährlichen Positionspapiere der Kammer, in denen akribisch über viele Branchen hinweg die Probleme der europäischen Unternehmen in China aufgelistet werden, sind schon fast ein Standardwerk.
Wuttke scheint omnipräsent. Ob auf Facebook oder Linkedin – er versteht und nutzt die sozialen Medien. Er verweist auf interessante China-Artikel, meist in der Financial Times oder anderen englischsprachigen Medien.
Dank seiner sozialmedialen Präsenz ist man stets informiert, wo er sich gerade rumtreibt, mit wem er redet. Vor Corona hiess das für ihn: Heute Peking, morgen Berlin, übermorgen Brüssel. Dort hätte er auch gerne seine Karriere beendet. Bei der letzten Europawahl wollte er für die FDP kandidieren. Doch der Seiteneinsteiger bekam keinen aussichtsreichen Listenplatz. So blieb er der China Community erhalten. Und das ist gut so.